Apr 9 2019

Ein letzter Strand

Von Karl

Natal, Rio Grande do Norte, Brasilien

 

Auf dem Weg nach Natal wurde uns deutlicher, dass Brasilien ein riesiges Land ist mit riesigen Unterschieden. Die Infrastruktur nach Norden hin wurde langsam dünner. Zudem kamen wir in eine andere Zeitzone, aber in die Gegenrichtung als üblich wird die Uhr umgestellt. Was ich neues gesehen habe: Kaktus-Plantagen!

Ein letztes Mal bereise ich einen Ort auf dieser langen Reise. Kein Gedanke der mich sehr fröhlich stimmt. Nein, es ist die Zeit gekommen. Doch noch einmal darf ich hier eintauchen. Es ist Alax der uns empfängt. Ein Junger Mann der schon ein paar Jahre in der Schule als Lehrer gearbeitet hat, aber nun nochmal verreisen möchte. Neue Ideen, neue Ziele. Bei ihm wohnt noch die ganze Familie, das heißt ein kleinerer Bruder, sein Vater und seine Mutter. Während der Vater sich es nicht nehmen lässt immer einen witzigen Spruch zu drücken, zeichnet sich die Mutter durch umsorgende Gastfreundschaft aus. Sie arbeitet als Lehrerin.

Alax hat sogar sein Zimmer für uns geräumt und schläft im Wohnzimmer. Nicht nur das, er zeigt sich auch extrem hilfsbereit, denn es ist nicht so leicht mit dem Hafenagenten in Kontakt zu kommen, da seiner Aussage nach noch nie Passagiere hier in ein Containerschiff stiegen. Irgendwie klappt das dann aber mit Alax‘ Hilfe.

Der Vater arbeitet als Uber-Fahrer und bietet uns eine Tagestour mit diversen Sehenswürdigkeiten an, zum halben Preis, als sonst üblich. Schnäppchen und die Möglichkeit der Familie was zurück zu geben … da greifen wir direkt zu.

Ausflug in Rio Grande do Norte

Nach einer Weile Autobahn, biegen wir ein und passieren Alleen an Palmen, bis wir einer türkisen Flussmündung folgen.

Bald halten wir an einer Steilküste um den weiten Ozean zu überblicken. Unter uns ein idyllisch breiter Sandstrand. Bis in die Ferne verlängert sich dieser und liegt nahezu unberührt da. Es ist, was das Herz begehrt.

Unser Ziel ist der kleine Ort Praia da Pipa, was soviel wie Drachen-Strand bedeutet, wobei aber ein Steig-Drachen gemeint ist. Es ist ein verschlafener Hippie-Ort, mit Touris, Stränden, Lädchen und alles was die Touris so kaufen würden. Die Strände tragen wiederum verschiedene Namen. Einer ist als Liebesstrand bekannt. Von einem Parkplatz aus nähern wir uns wieder von oben und es führt eine steile Treppe hinab in eine grüne schmale Waldkette zwischen Fels und Strand.

Wir entgehen relativ flott wieder dem überlaufenen Ort und fahren zurück nach Tibau do Sul, vielleicht zehn Minuten entfernt. Auch hier gibt es einen Strand oder besser gesagt gleich zwei. In wenigen Laufminuten getrennt gibt es neben dem offenen Meer auch die Möglichkeit an der Flussmündung zu baden, was besonders für Nichtschwimmer*innen spannender ist, weil es vor Wellen geschützt ist. Ein Teppich aus Plastik-Stühlen, -Tischen und Schirmen wurde zudem aufgebaut. Restaurants verkaufen in ihren Bereichen Menüs mit viel Fisch, sowie Cocktails, Bier und das übliche. Auch Acai mit Cupuacu. Cupuacu ist eine Frucht, die wie Wein schmeckt.

und bei den Cocktails gibt es übrigens nicht nur Caipirinha.

Für ein paar Stunden genießen wir die Herrlichkeit des Ortes in vollen Zügen. Die Sonne ist ungebrochen und der Schatten der Abreise aus Südamerika ist nicht zu spüren. Dafür umspült die AtlantikGischt viel zu traumhaft die schwarzen Felschen auf dem weiß-gelben Strand. und im Hintergrund die Palmen …

Auf dem Weg zurück nach Natal halten wir noch in Pirangi do Norte einem Stadtteil des kleinen Städtchen Parnamirim nur noch wenige Kilometer vor Natal. Die Besonderheit hier ist der größte Cashew-Baum der Erde.

Wie ein kleiner Wald erscheint von außen der Baum mit seinen festen Blättern und dünnen Stämmen, die sich wie gelegte Leitungen durch die Luft schlängeln.

Auf Holzpfaden lässt sich das Innere des Baumes erkunden und so machen wir uns auf unter dem grünen Walddach zu wandeln.

Spannend ist dabei, dass schon die Mehrheit der Stämme irgendwie aus der Mitte heraus kommt.

Hinweisschilder klären über den Cashew-Baum und seine Nüsse auf, die demzufolge sehr gesund sein können. Auch fast alles andere ist essbar. Überraschend für mich war es, dass die Frucht mit der Nuss einer Paprika ziemlich ähnlich sieht. In der Erntezeit trägt der Baum Früchte mit einem Gesamtgewicht von 2,5 Tonnen. Das Wort Cashew kommt von den indigenen Tupis, die vormals große Teile Brasiliens besiedelten. In vielen Sprachen wurde dieses Wort übernommen.

Wir lernen von der Familie noch eine Oma kennen und kochen einmal ausgiebig für alle. Azul macht wieder bolivianische Erdnusssuppe und von mir kommt deutscher Eierkuchen. Auch ein letztes Mal. Aber zur Freude der lieben Mutter und des jungen Bruders, die regelmäßig um unsere Töpfe und Pfannen schleichen.

Natals touristischster und sicherster Ort soll der Strand-Stadtteil Ponta Negra sein. Hier gibt es Surfer*innen wie Sand am Meer. Eine lange Strandpromenade, unzählige Hotels und Restaurants und Verkaufsstände säumen den gut frequentierten Strand. Ansonsten soll Natal nicht besonders sicher sein, so zumindest meint es Alax. Wir passen entsprechend auf. Besonders aber die Stadtteile nördlich des Rio Potengi sollen regelmäßig durch Raubüberfälle und Schießereien berühmt werden.

Wir planen nicht dorthin zu gehen, doch dann kommt die letzte Nacht und wir müssen Azul nachts zum Flughafen bringen. Nun gesellt sich zu der ausgiebigen Abschiedstrauer noch die Angst, denn tatsächlich werden auf dem Weg zum Flughafen, der im Norden liegt, auch immer wieder bewaffnete Raubüberfälle durchgeführt, so Alax, weshalb der Vater sich bereit erklärt uns zu fahren. Tatsächlich sehen wir in den frühen Morgenstunden ein paar Jugendliche durch die Straßen streifen, doch wir bleiben in Ruhe.

Abstieg

Es bleiben mir noch zwei Stunden zu schlafen, bis ich dann auch meinen Rucksack mir auf den Rücken schnüre. Ich hab noch 5 Reals, vielleicht 1,20 Euro, für den Bus, der 3,65 Reals kostet. Also stelle ich mich an die Haltestelle, doch nun bemerke ich, dass Sonntag ist und die Busse seltener verkehren. Um Acht soll ich am Hafen sein, doch dies lässt sich nun nicht mehr machen. Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Wenn das Schiff weg ist, hab ich ein derbes Problem.

Gegen 8:45 war ich dann am Hafen und ich beginne das Warten am Eingang neben den beiden Sicherheitsleuten. Mhh, denke ich, da war der deutsche Pünktlichkeitsfanatiker doch schon wieder da. Natürlich ist das Schiff noch lange nicht weg. Mir wird zwar versucht irgendwas zu erklären, aber ich verstehe nun mal kaum etwas in portugiesisch. Ich beobachte wie LKWs mit ISO-Containern kommen und gehen. Ein Kranwagen lädt die Container auf und ab oder bringt sie woanders hin. Hin und her wuseln die Maschinen. Ein Gabelstapler-Team entfernt oder bringt Kühlaggregate an die weißen Kühlcontainer an.

Im nächsten Schritt sitze ich dann in einem weißen Container und warte wieder, dass Eduardo kommt. Das Spiel kenne ich schon und Geduld zu haben fällt mir nach über zehn Monaten Südamerika ziemlich leicht. Das berühmte Theaterstück würde in Natal übrigends „Warten auf Eduardo“ heißen, da das wohl so das üblichste war was ich an verschiedenen Orten im Hafen gemacht habe. Tatsächlich haben mich dann aber immer wieder andere Leute geführt oder gefahren.

Dann stehe ich bei der Hafenpolizei. Ein einziger völlig unmotivierter Beamter sitzt hinter seinen Rechner und schaut meine Papiere an. Er sagt nichts und gibt sie mir irgendwann wieder. Währenddessen sind gleich zwei Seeleute von der „CMA CGM Saint Laurent“ kommen. Meinem Schiff. „CMA CGM“ ist der Name der Reederei. Den einen ukrainischen Schiffsoffizier, Dmytro, erkenne ich auch direkt wieder. Nachdem ich ihm das erklärt habe, meint auch er, dass er mich wiedererkennt. Naja, freudiges Wiedersehen sieht anders aus, aber das ist wohl unseren kühlen Naturellen zu verdanken.

Sie haben zwei große Stapel blauer und roter Reisepässe mitgebracht, die der Hafenbeamte nun auch noch alle bearbeitet. Als das unspektakulärste Spektakel sein Ende fand, gehe ich einfach mit den beiden Seeleuten mit. Es ist nicht weit und das große Containerschiff unschwer zu erkennen. Im dunklen Ozean-Blau liegt sie wieder da. Beachtet mich nicht, aber für mich ist sie beachtlich. Die schiffseigenen Kräne sind am rotieren und laden und entladen nach und nach. Irgendwie ist der Schritt zum Schiff auch vertraut. Seltsam bekannt und aufregend zu gleich. und traurig, da es das Anfang vom Ende ist.

Wir gelangen zur Gangway und ich beginne den Aufstieg aufs Schiff. Aber der Aufstieg auf das Schiff ist auch der Abstieg von Südamerika …


Nov 3 2018

Drei Tage im Geländewagen über Salz, neben Flamingos und bei heißen Quellen

Von Karl

 

Wir quetschen uns in die nachträglich eingebaute letzte und dritte Reihe eines Geländewagens. Ziemlich eng für die Beine. Der nette Touren-Verkäufer macht nochmal die Scheiben sauber, während Moises, der Fahrer, die Plane verschnürt, in dem unser Gepäck sich befindet. Als er dann aber hinterm Steuer sitzt, sagt er kurz und freundlich: „So, ich bin Moises, euer Führer und wir fahren nun drei Tage gemeinsam“. Die vier anderen nicken freundlich und schön rollt der Toyota los.

Schon der Bus nach Uyuni, einer Kleinstadt im Südwesten Boliviens, zeigte uns, dass es eine touristische Stadt ist. Alle Plätze waren an Backpacker verkauft. Nun, hier scheint sich eine Busfirma zu halten, weil es die Backpacker gibt.

Noch ziemlich früh, vielleicht gegen 6 Uhr, wirft uns der Bus in Uyuni raus. Es ist sehr kalt im trockenen Wüstenhochland. Selbst alle kurzfristig verfügbare Kleidung scheint kaum zu reichen und nur die Hoffnung auf die bald wärmende Sonne bleibt. Ansonsten verraten die staubigen Straßen, dass es sonst heiß und trocken sein kann. Auf der UV-Mess-Anzeige in der Innenstadt ist noch keine Gefahrenstufe ausgewiesen.

Wir fragen im ersten Touren-Büro nach guten Angeboten, bekommen aber nur die teurere Preisklasse aufgetischt. In einem Hinterzimmer finden wir später Frühstück nebst Gas-Heizer und Wifi. Hier haben sich all die anderen Rucksack-Touris vom Bus hinführen lassen. Während Pippi eine gute Stunde auf das Frühstück wartet, mache ich im angrenzenden Büro nebenan ein Schnäppchen. Der Verkäufer wiederholt sich: „Bitte reden sie mit den anderen nicht über den Preis“.

Moises, wie er leibt und lebt

Tag 1

Moises hält nach nur wenigen Kreuzungen, denn er lädt Kühlboxen ein. Unser Mittag erklärt er.

Gleich hinter dem Ortsausgang halten wir ein erstes Mal zum Photographieren. Am Eisenbahn-Friedhof. Durch den Bergbau-Boom, u.a. Silber, wurden vor Jahrzehnten mal Eisenbahn-Trassen gebaut, wodurch auch Uyuni einen wichtigen Bahnhof bekam. Die alten Kohle-Loks rosten nun im Wüstenstaub vor sich hin.

Da nun mal alle Touris die selben Reiseführer-Bücher haben, sich in den Hostels immer wieder treffen und austauschen und auch sonst sich alle Touren-Angebote stark ähneln, sind auch wir Teil der Welle die über diese Sehenswürdigkeit hinwegfegt. Hunderte Touris klettern schon vor uns durch die Fahrstände und Wassertanks, posieren auf den Dächern oder machen schlicht Selfis davor. Kaum eine Lok ohne Touris. Diese Welle begegnen wir an jedem unserer Stopps. Wir einsam mag der Ort wohl sonst sein?

Anschließend geht es aber raus aus Uyuni. Wir halten in einem kleinen Dörfchen am Rande der Salzwüste, der Uyuni ihren Namen verleiht: „Salar de Uyuni“. Das Dörfchen hat nur Verkaufsstände und ein Museum, dass nicht den sehenswertesten Eindruck macht. Alle Stände haben mal wieder das selbe Angebot. Einzig, dass es Schnitzkunst aus Kaktus-Holz gibt, scheint mir spannend. Interessanter aber, dass der Salzabbau auch Teil der Einnahmen an dem Ort sind. Ähnlich wie Ziegel sind Salz-Blöcke auf Europaletten gelagert. Salz ist ganz schön schwer, aber leichter als ein gleichgroßer Ton-Ziegel.

Auf Hinterhöfen lagern große Salz-Kegel, diesmal als loser Sand. Alte Laster kommen vom Salzsee oder fahren raus. 25.000 Tonnen Salz werden jährlich abgebaut, aber angesichts der Größe des Salzsees, die sogar aus dem Weltall zu sehen sein soll, bedroht dies den See noch nicht. Stolz ist Bolivien auch auf die neue Lithium-Fabrik. Sollten die Lithium-Ionen-Akkus und der Elektro-Motor das Erbe des Verbrennungsmotors tatsächlich antreten, so liegt im See noch ungeahnter Reichtum, denn hier verbirgt sich auch eine der weltweit größten Lithium-Lagerstätte.

Nach nur wenigen Minuten fahren wir ein paar hundert Meter raus auf den Salz-See. Eine unendliche weiße Fläche empfängt uns. Wenn nicht anders bekannt, könnte der Anblick immer auch für eine Schnee- oder Eisfläche gehalten werden. Es gibt auch kleine Pfützen und aufgehäufte Salz-Kegel. Der Salzsee liegt so hoch wie La Paz, 3.600m, und ist mit über 10.000 Quadratkilometer der größte Salzsee der Welt.

Etwas weiter halten wir an anderen Pfützen, die aber den Eindruck machen, sie würden kochen. Allerdings ist das Wasser kalt und die Blasen die aufsteigen, eher Resultate von chemischen Reaktionen weit unter der Salz-Kruste. Die Kruste ist mindestens 30 Meter dick, sodass Busse und LKWs problemlos drüber fahren können. Darunter liegt aber noch Wasser und von den Gletschern kommt neues süßes Grundwasser unterirdisch rein. Da entstehen dann auch die Reaktionen die kleine blubbernde Pfützen bilden.

Als wir weiter über den Salzsee fahren, erscheint es mir ein Rätsel, wie eigentlich alle ihre Wege über den See finden. Mensch könnte sich zwar an den Fahrspuren orientieren, aber es gibt unzählige Abzweige und kein einziges Schild. An dem ersten Salzhotel mitten auf dem Salzsee wurden zig Länderflaggen und ein Symbol für die Rally Dakar Bolivia. Am Salzsee hat dann Moises auch das erste Mal sein reichliches Mittag ausgebreitet, welches uns immer wieder überraschte. Erstaunlich war wie er so viel davon vorbereiten und mitbringen konnte.

Am Salzhotel war der See nun endlos weit in alle Richtungen. Der Himmel ist bilderbuch-blau und von keiner einzigen Wolke unterbrochen. Am Rande erheben sich hohe Berge mit einzelnen Schnee-Adern. Neben dem Salzhotel gibt es eine kleine Pfütze in der sich gut sehen lässt, wie sich die Salzkristalle langsam bilden. Vom Rand aus bilden sich zerbrechliche Salzplatten auf dem Wasser, ganz so, als wenn das Wasser gefrieren würde. Sie sind anfangs auch eher durchsichtig und verraten nur durch die geänderte Spiegelung ihre beginnende Umwandlung.

Ein erster Stopp nach längerer Salzseetour ist ein kleiner Hügel mitten im See: die Insel Incahuasi. Wir sparen uns den Eindruck und wandern in der Stunde lieber um die Insel. Sie besteht aus vielen großen und kleinen Steinen und vor allem riesigen Säulen-Kakteen. Dass hier überhaupt etwas wächst, wo doch alles versalzen ist! Doch scheint es Leben zu geben, dass dem Salz trotzt. (Nur falls jemand besorgt war: Ja, ich habe den Witz beim Essen gemacht und gefragt ob jemand Salz möchte und dann auf die Tonnen unter unseren Füßen verwiesen)

Es ist übrigens ziemlich warm im Auto, weil dieses sich wie ein Treibhaus schön aufwärmt. Draußen dagegen ist es windig und kühl. Auch wenn es gleißend hell ist. Zum Teil des Nachmittags gehörte auch, dass wir an einen völlig abgeschiedenen Ort gefahren sind um dort besondere Photos zu machen. Aufgrund der immer-gleichen Umgebung lässt sich leicht mit Perspektiven spielen. Ein Ort wo auch der freundlich-wortkarge Moises aufblüht und seine Erfahrung einfließen lässt. So hat er auch einen Plastik-Dino im Kofferraum, damit jede*r einmal ein Photo machen kann wie er oder sie sich vor einem überdimensionalen Dinosaurier fürchtet. Natürlich stehen wir dafür viel weiter hinten, als der Dino selbst. Moises gibt von seiner Fußmatte aus Anweisungen, auf der er liegt, sodass wir ein paar sehr schicke Bilder gemacht haben. An den unberührten Ort sieht die Oberfläche aus, wie verschiedene Eisschollen zwischen denen eine Art Salz-Paste aufgestiegen ist und dann in der Sonne auskristallisierte.

Der letzte Stopp des ersten Tages gilt dem Sonnenuntergang, der schon relativ eisig daherkommt und auch nicht lange auf sich warten lässt. Die letzten Meter am Rande des Sees sind dann aber fast schon schlammig, aber auf den erfahrenen Moises ist verlass. Nicht aber wohl auf einen anderen Fahrer, der sich festgefahren hat im Salz-Schlamm. Gutmütig wie Moises ist, beginnt er mit den ersten Versuchen den Festgefahrenen raus zuziehen. Mittels einfacher Stahlseile, die gefährlich an den Fahrzeugen Funken erzeugen. Als dies auch nicht mittels zweier Fahrzeuge und zig Anschieber*innen klappt, geben wir auf. Vermutlich wurde schwere Technik geordert, denn am nächsten Tag war der Unglückliche nicht mehr da. Mit Untergang im See rechne ich mal nicht.

ja, es ist wirklich salzig

Unsere erste Unterkunft ist direkt am Rande des Sees und auch aus Salz gebaut. Das feste zu Ziegeln zurecht gemachte Salz ist der Rohstoff für den Hausbau gewesen. Bei Coca-Tee, meist Mate genannt, und Kaffee und Keksen warten wir auf das Abendbrot und kommen ins Gespräch. Mit uns reisen drei Mexikaner*innen, wovon zwei aber eigentlich in Chile leben. Dazu kommt noch ein allein-reisender Spanier. Erstmals merke ich den Unterschied zwischen den spanischen Spanisch und dem hiesigen. Viele „s“ und „c“ werden, wie das aus dem Englischen bekannte „th“ ausgesprochen, aber in Südamerika meist wie ein „s“. Das ist deutlich zu hören und für mich ist das Spanisch des Spanier, der sich dann als Baske entpuppt, anfangs nur schwer zu verstehen.

Da es nachts sehr kalt wird, gegen Null Grad Celsius, aber ich in Südamerika noch nie einer Heizung begegnet bin, wird auch hier mittels Decken die notwendige Wärme erzeugt. Eine Untersuchung von Pippis nötiger schwerer „Deck-Last“ ergab eine Schichtung von mindestens neun Lagen, von denen mindestens fünf schwere Woll-Decken sind. So lies sich die Nacht auch durchstehen, aber für den Kopf empfiehlt sich trotzdem eine Wollmütze und ggf ein Halstuch.

Tag 2

Der nächster Tag beginnt sehr früh und als wir den Jeep besteigen, ist die Sonne erst frisch aufgegangen. Wir halten für diversen Lagunen. Manche durch Eis oder Salz etwas eingeschränkt. Viele werden von Flamingos bewohnt. Die stelzenden Vögel suchen mit dem Schnabel im Schlamm nach etwas zu essen. Einer der Seen ist stark rot gefärbt durch den starken Bewuchs einer rote Alge. Deren Rot führt erst zur Verfärbung der vegetarisch sich ernährenden Vögel. Ihr Fell ist zur Geburt erst weiß und grau und wird dann durch die Ernährung rosa. Es leben tausende in der Gegend und mindestens drei verschiedene Arten kommen zusammen. Sie wirken tatsächlich etwas unbeholfen, denn auch beim Start im Wasser helfen sie mit ihren dünnen Beinchen nach.

Moises zeigt uns auch einen aktiven Vulkan aus einiger Entfernung, aber mehr als sehr kleine Rauchschwaden sind nicht zu sehen. Auch Steinformationen besuchen wir, die von Kälte und Wind geformt werden. Ich klettere etwas herum, aber beeindruckend sind sie dann doch nicht. Unter dem Sand befindet sich noch Eis. Noch vor Ende des Tages kommen wir zum Nationalreservat Eduardo Avaroa und bezahlen für den Eintritt.

Große Teile des Nationalparks liegen auf ungefähr 4.000m. Trotz kaum Regen und 3 Grad Durchschnittstemperaturen, leben hier zig Tier- und Pflanzenarten. Im Nachgang habe ich erfahren, dass besonders der Geländewagen-Tourismus, über den wir auch den einzigartigen Platz genießen konnten, die Natur stark bedroht. Moises holt mit Äpfeln auch Viscachas aus ihren Versteck und innerhalb weniger Minuten sind ein Dutzend dieser „Hasenmäuse“ da. Auf den ersten Blick hielt ich sie für Hasen, aber sie sind (eher) Chinchillas.

Nach wenigen Metern kommen wir in eine kleine Siedlung, in der wir übernachten. Nochmal höher als in den letzten Nächten, muss jede offene Spalte an der Bettdecke vermieden werden, weil die Temperaturen unter den Gefrierpunkt rauschen.

Tag 3

Da es noch früher losgeht als Tags zuvor, erscheinen im Stirnlampenlicht die Eisblumen an den Fensterscheiben. Nur wenige Stunden gibt es Strom im Gebäude, wenn der Generator angeworfen wird. Das Frühstück ist deshalb noch die meiste Zeit im Dunkeln. Während der ersten Meter im Jeep frieren wir dann auch noch schrecklich und fürchten um unsere Fußzehen.

Eis-Formationen die sich an der Luft gebildet haben

Mit der aufgehenden Sonne erreichen wir ein Geysir-Feld. Mit ohrenbetäubenden Zischen entweicht Wasserdampf aus einem Bodenloch und reicht einige Meter über uns in die Höhe. Angesichts der Eisesskälte und dem höhenbedingt niedrigeren Druck – wodurch Wasser früher kocht als auf Meereshöhe – ist der Wasserdampf sehr gut zu sehen. Durch den stetig starken Wind fegt der Wasserdampf über die Hügel. An anderen Stellen gibt es auch blubbernde Pfützen oder kleine wasser-speiende Löcher im Boden. Es ist ein seltenes Schauspiel, dass ich zum ersten Mal als solches sehe.

Wir fahren weiter bis zu einem Thermalbad. Aus heißen Quellen gespeistes Wasser wird in kleinen gemauerten Becken an der frischen Luft gesammelt. Für die vereisten Füße ein großartiger Ort. Das Wasser ist angenehm heiß und der Ausblick magisch. Dampf steigt um uns auf und verdeckt die junge Sonne. Nur unterbrochen durch die Welle an Touris aus Geländewagen, die gerade den Platz bevölkert. Überschüssiges Wasser fließt über den Rand in einen großen See. Ein großartiger Augenblick. Auch hier hat Moises nicht viel Zeit eingeplant, sodass es ziemlich zügig weiterging.

Wir halten noch an einem klaren See mit dem größten Berg der Region im Hintergrund: den Licancabur. Schon er liegt an der Grenze zu Chile. Er ist knapp 6000m hoch. Wir fahren etwas weiter südlich an einen Grenzposten der gefühlt im Nirgendwo liegt, wenn nicht hunderte Menschen hier rumwuseln würden. Hier lassen wir die Mexikaner*innen zurück, die von hier aus direkt weiter ins nahe San Pedro de Atacama reisen.

Auf dem Rückweg halten wir noch in einem uninteressanten Dorf und zwischen Felsformationen. In der Gegend wird auch Borax in größeren Tagebauen abgebaut. Eigentlich einigt uns alle das Gefühl schnell zurückzukommen, aber es müssen acht Stunden Fahrt nach Uyuni überwunden werden. Wir halten aber auch für Alpacas, Lamas und Vicuñas. Alles sind Lama-ähnliche Tiere und ihre Wolle wird genutzt. Wobei Lamas die günstigste Wolle, die Alpaca teurere und die Vicuñas die teuersten Fasern liefern, wodurch auch letztere sehr bedroht sind. Ein Paar Socken aus Vicuña-Wolle kann dann über 800€ kosten.

Ziemlich geschafft, wirft uns Moises dann in Uyuni wieder vor der Agentur aus seinem Jeep. Er fährt weiter zu Frau und Sohn, aber wird am nächsten morgen mit neuen Reisenden wieder mit seinem Wagen aufbrechen. Nur selten hat er mal einen Tag frei. Zeit für seine Familie in Uyuni.

Uns hält nix mehr hier, wir haben andere Pläne.