Nov 7 2018

Karneval-Hochburg ohne Karneval aber mit Straßenumzug

Von Karl

 

Der graue Zug hat uns in der ehemaligen Bergbau-Metropole Oruro rausgeworfen, die jedoch nicht zu den Top-Destinationen Boliviens gehört. Für uns mal wieder die Gelegenheit hinter die Kulissen zu schauen. Ganz im Westen Boliviens gelegen und immer noch auf über 3700 Meter ist auch diese Stadt eher trocken und durch ein starkes Tageszeitenklima geprägt. Ein hier verbreitetes Phänomen, dass die Temperaturen im Tagesverlauf mehr schwanken, als im Jahresverlauf.

Wir gehen durch die teils schmalen Straßen der ehemaligen Industriestadt, die ihren Bergbau schon Anfang der 90er verlor. Trotzdem macht die Stadt einen einfachen und schmutzigen Eindruck. Gebaut wurde wie immer im Schachbrett-Muster. Mit etwas Glück fährt ein Güterzug über die Straßen der Stadt. Züge in Oruro haben dabei keine eigene Spur, sondern fahren auf ihrer Schiene, die den Rest des Tages Teil der Hauptstraße ist. Die Stadt, die ein gewöhnliches Chaos an Fahrzeugen hat, stört sich da auch nicht dran.

Wir finden erneut eine Menge an Straßenmärkten, die sich über zig Kreuzungen ziehen und sämtliche Waren anbieten. Von der Hauptachse aus geht die Stadt bergan und etwas oberhalb finden sich Verwaltungsgebäude und Parks. Wer etwas nicht-bolivianisches sucht ist aber in der Stadt fehl. Der Versuch etwas zu Essen zu bekommen, was ohne Fleisch ist, scheitert kläglich. Die Speisekarte im letzten Laden ist dann noch eine Illusion, weil es eigentlich nix von dem wirklich gibt. Auf der Markt kaufen und Selbst-Kochen ist wohl hier das beste.

Für was Oruro aber landesweit bekannt sein soll, ist der Karneval. Gerade ist nicht die Jahreszeit dafür, aber dann hätten wir auch keine Unterkunft mehr bekommen. Dann kommen Menschen aus dem ganzen Land um den Karneval von Oruro zu sehen. Wir sehen zwar den Karneval nicht, dafür kommt uns aber ein Blaskapellen-Umzug entgegen. Hunderte, vor allem Jugendliche, Tanzen, Marschieren und Musizieren im Stile einer Militär-Blaskapelle und laufen im Gleichschritt und der Uniform ihrer Schule oder Musikschule entlang der Straße. Es sind so viele, dass die ganze Straßenbreite belegt ist und ich vermute, dass auch drei Blocks weiter noch jede*r mitbekommt, welch Spektakel hier stattfindet. Es müssen auch unzählige Gruppen sein, die hier beteiligt sind, denn es dauert lange, bis wir uns dem Ende nähern. Wenn das nur der Schatten vom eigentlichen Umzug ist, dann muss der „Echte“ schon ziemlich groß sein.

Wir sind nur kurz in dem Ort, denn für uns geht es weiter. Grund ist, dass die Grenze nur tagsüber auf hat. Oruro liegt aber nicht an der Grenze, sodass wir noch einen Bus suchen. Der Busbahnhof im Zentrum, ist aber schon nicht mehr der Busbahnhof und es soll einen neuen geben. Wo der aber ist, scheint auch nicht ganz klar zu sein. Die Mini-Busse die durch die Stadt düsen schreiben oft nur „Terminal“ an die Windschutzscheibe, sodass unklar ist, ob der Bus nun zum alten oder neuen fährt. Unser erster Anlauf zum neuen Busbahnhof von Oruro zu kommen führt auch erst in die falsche Richtung. Im zweiten Anlauf fahren wir dann zwar etwas länger, kommen aber schlussendlich an der riesigen Halbkugel an, in deren Innenkreis die Büros angeordnet sind.

Obschon wir vorab informiert wurden, dass Busse nach Arica nur sehr selten fahren würden, bekommen wir umgehend ein Ticket für einen Direktbus. Wir hatten uns schon auf den Umweg über La Paz eingestellt, aber so ist‘s allerdings besser.

Dass der Busbahnhof noch neu ist, sieht man dann im zweiten Obergeschoss wo allerlei Essensläden und Kioske vorgesehen sind, die aber noch am handwerken sind.

Unsere Busfirma ist etwas kurios, da wir dann aus dem Bahnhof geführt werden und mit der Schalter-Frau an der Hauptstraße stehen. Der Bus kommt aus Cochabamba und ist nur auf der Durchfahrt durch Oruro, sodass wir als einzige schnell aufhüpfen und die verbliebenen Plätze einnehmen.

Auf geht‘s zu neuen Abenteuern.