Solltest du mal …

34,0431° nördliche Breite

36,40965° westliche Länge

03. April 2018

… auf die Idee kommen, auf ein Frachtschiff zu steigen, sodann hier ein paar womöglich nützliche Informationen bzw. zu Einstimmung darauf …

* Nimm‘ dir Beschäftigung mit! Filme, Dokus, Serien, Bücher, was du schon immer mal lernen wolltest, Karten, Sportsachen, Nähwerkzeug, Freund*in, unentdeckte Kamerafunktionen, Arbeit, Briefe, Reparaturbedürftiges und das nötige Material, komplizierte Fragen über die du sinnieren musst, Computerspiele, dein Laptop, Smartphone, … wenn du nicht grad viel Geld für Wifi oder Satelliten-Telephonate ausgeben magst. Natürlich kannst du auch mal übers Schiff schlendern, auf die Brücke gehen, verträumt die Wellen und den Horizont beobachten, in die Muckibude gehen oder mal fragen ob du eine Führung im Maschinenraum bekommst, aber bei gern mal zwei Wochen Reisedauer, ist das nicht viel.

* Die Leute an Deck sind nicht zum Vergnügen da. Sie arbeiten und wenn nicht, dann wollen sie ihre Freizeit genießen. Stellt euch vor, ihr arbeitet viel und dann kommt eine*r um die Ecke und fragt was ihr da macht, wie das hier alles so funktioniert und ist offensichtlich gelangweilt. Vielleicht ist es mal angenehm, aber meistens bremst es, ist zusätzliche Belastung und Chef hat gesagt, dass die gut zu behandeln sind.

* Auf See geht meist alles. Im Hafen ist Stress, sowie beim Ein- und Auslaufen. Alle müssen arbeiten. Die Container müssen los- oder festgemacht werden. Viel Bürokratie. Die Crew wechselt. Neue Lebensmittel kommen an Bord. Es wird getankt und vieles mehr, was wir als Laien gar nicht wissen. An- und Ablegen, bzw. die Fahrt durch die Steuer- und Backbord-Tonnen in bzw. aus den Hafen, ist immer noch Handarbeit auf der Brücke, inklusive eines Lotsen von dem jeweiligen Hafen, der mittels Lotsenboot schon vor dem Hafen zu- bzw. aussteigt. Aber auf offener See, ist ein Besuch der Brücke oder des Vorschiffs kein Problem. Einfach auf der Brücke fragen.

* Schlafen auf der Baustelle. Das muss mensch können. Eine Passagierin hat sogar nach Ohrenschützern aus dem Maschinenraum gefragt. Es wackelt, schwankt, vibriert, brummt, piept, stinkt … nichts für Menschen mit leichten Schlaf.

* Satt aber nichts besonderes. Die Mahlzeiten sind groß und viel, immer warm, oft mit Vorspeise, aber nichts teures. Wer besondere Essgewohnheiten hat, kann Schwierigkeiten haben. Der Hauptgang wird gebracht. Dem Servierer habe ich erklärt, dass er bei mir die Tiere weglassen kann. Das macht die Kombüse nun seit Tagen sehr liebevoll. Du kannst dir aber vorstellen, dass – wie in einer Kantine – es schwierig ist, wenn jede*r seine speziellen Essgewohnheiten umsetzen will. Ich denke aber, vegetarisch lässt sich noch gut umsetzen, vegan wird hart. Du isst in der Offiziersmesse und da hat dann jede*r sein Platz und die Passagiere essen nach der Crew. Dadurch ist das Essen nicht immer heiß, aber mensch kann so lange sitzen wie er*sie mag. Die Essenszeiten sind festgelegt. Aus irgendeinen Grund bekommen wir nun jeden Abend eine Flasche Wein mit auf den Tisch.

* Plan‘ nicht zu fest die An- und Abreise. Mein Schiff wäre fast schon in der Nacht zum Vortag gekommen. Du musst zusteigen, wenn der Hafenagent das sagt. Drei Tage vor dem geplanten Abfahrtstag musst du den*die Hafenagent*in anrufen, dessen Nummer du von der Reiseagentur bekommst. Der sagt dann, Tag und Uhrzeit. Das kann, muss aber nicht, der vorher bekannte Termin sein. Unter Webseiten wie MarineTraffic könnt ihr die geplante Ankunftszeit eures Schiffes schon vorher sehen. Das heißt unter Umständen, dass ihr schon ein paar Tage vorher in die Nähe des Hafens reisen müsst, falls die Anreise sehr weit ist. Ebenso mit der Ankunft. Mein Schiff hatte schon vor meinem Zustieg Verspätung aufgebaut und zwei Häfen ausgelassen. Einen hat es nach dem Ablegen noch zusätzlich angesteuert. Das bedeutet, dass ihr dann auch ein paar Tage später ankommt. Für den Weg zum oder vom Schiff musst du meistens noch eine spezielle Taxi-Agentur in Anspruch nehmen.

* Helm auf und Raus. Das Schiff besteht ganz vereinfacht aus dem Hochhaus und den Containern. Vier Fünftel oder mehr sind Container, über oder unter Deck gestapelt, bis an die Reling. Am Heck ist „im Keller“ der Schiffsdiesel und darüber ein acht-geschossiges Hochhaus. Dort lebt die ca. 20-köpfige Crew. Am Hochhaus sind seitlich Treppen und Plattformen. Dort kannst du jederzeit hingehen. Aufs Deck an sich, am besten nur wenn das Schiff auf See ist. Dafür musst du aber den Watch-Officer auf der Brücke bescheid sagen und den Helm aufsetzen. Pass auf, draußen ist alles nass, windig, kalt und salzig. Die Geländer sind oft von einer salzig-klebrigen Schicht überzogen. Grad am Bug kann bei Seegang auch mal Meerwasser übers Deck wehen, und bei starken Wind, auch bis in den sechsten Stock. An Deck kann ich den Helm empfehlen. Für den Keller musst du fragen.

* Der frühe Vogel. Wenn es für dich ans buchen geht, so ist frühzeitige Planung oft sehr hilfreich. An Bord sind hier nur zwei Paar- und ein Einzel-Zimmer verfügbar. Bestimmte Routen sind beliebt, auf anderen kannst du auch kurzfristiger Glück haben. Trotzdem ist das ganze Papier-Procedere im Vorfeld sehr aufwändig, sodass du sicherlich nicht übernächste Woche fahren kannst. Es ist zudem teuer. Mindestens das doppelte zum Flug auf der Strecke musst du rechnen.

* Stunde um Stunde. Fast jede Nacht stellen wir die Uhren um. Wir fahren seit Tagen südwestwärts und überfahren regelmäßig Zeitzonengrenzen. Meist kommt vor dem Abendbrot eine Durchsage und dann wird Mitternacht die Uhr verstellt. Das kann manchmal gewöhnungsbedürftig sein. Als wenn jeden Tag auf Sommerzeit umgestellt werden würde.

* harte Währung. Die einzig internationale Währung ist der US-Dollar. Zu seltenen Momenten öffnet der Kapitän den Shop und dort kann Alkoholika, Süßes und Knabberkram gekauft werden. Er lies sich aber erweichen und akzeptierte diesmal auch den Euro, nur kann er nicht wechseln.

* Selbstsäubern. Für die Sauberkeit ist jede*r selbst verantwortlich. Der Müll wird mal abgeholt, aber Bettwäsche muss einfach selbst gewaschen werden. Es gibt eine Waschmaschine mit integrierten Trockner auf dem Gang. Auch für die eigene Wäsche. Für die Selbstreinigung muss nicht extra auf den Gang. Duschen bei Seegang sollte mensch einfach mal gemacht haben. Das Hochhaus-Innere ist sehr sauber.

* Türen schließen. Türen können nicht auf halb acht bleiben. Im blödesten Fall kommt eine Welle und schmeißt dir die Tür an den Kopf. Unbedingt drauf achten.

* Gemeinschaft. Von der Crew bekomme ich gar nix mit. Keine Ahnung was die in ihrer Freizeit machen. Für die Passagiere gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Tee, Kaffee, Fernseher zum DVD abspielen, ein Schrank mit Büchern, DVDs und Spiele sowie eine Couch mit Tisch und zwei Stühle. Kein großer Raum, aber für eine Partie Schach ausreichend.

Fazit: Es ist machbar. Das wirkliche Probleme für viele Menschen ist eher die Zeit. Bei 21 Tagen Jahresurlaub möchte mensch verständlicherweise nicht 16 auf einem Container-Schiff verbringen. Aber ansonsten ist es nur eine Frage der Vorbereitung. und hey, es ist schon manchmal beeindruckend schön, hochoben auf einem schwankenden Schiff zu sitzen und weit und breit nur das Meer … Hach …


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