Da wo der Pfeffer wächst…

Die Nacht bricht, langsam schwindet die Dunkelheit und wird zum grau. Ich schiebe die Vorhänge zur Seite, die Blätter der Palmen hängen vom Regen gedrückt nach unten. Ich setzte meine Füße auf die Terrasse und schaue dem Regen beim fallen zu und wie sich alles seinem Willen beugt. Es ist tropisch, tropisch schwül.

Der Tag beginnt mit einer Busfahrt in das Zentrum von Cayenne. Einen genauen Fahrplan gibt es nicht. Es ist ein gutes Zeichen, dass viele Menschen an der Bushaltestelle stehen, denken wir zumindest. Man zahlt 1,10 Euro für alle Strecken und nach einer kleinen Weile kommen wir an der Endhaltestelle Nelson Mandela Boulevard an. Die Suche nach einer geöffneten Post gestaltet sich als schwierig, führt uns aber in kleinere Straßen, die wenig bevölkert sind. Es ist relativ leer, die Häuser sind einfach und haben verblasste Fassaden. Im Zentrum der Hauptstadt leben 35.000 Menschen. Am Ende des Nelson Mandelas Boulevard wartet das Meer auf uns oder auch nicht. Es ist Ebbe. Das Meer sieht grau aus wie der Himmel. Zwischen Plastikflaschen, Dosen und alten Schuhen vergraben sich zwei Krebse im Sand. Der modrige Geruch des Meeres vertreibt uns von unserem Rastplatz und wir ziehen weiter Richtung Innenstadt. Auch hier ist die Stadt wenig belebt, wir kreuzen einen begrünten Platz, der wohl der Hauptplatz in Cayenne sein soll, doch es ist nicht viel los. Weiter wandern wir auf einen Aussichtspunkt und genießen den Ausblick über die Stadt. Es gibt kein einziges Hochhaus in Cayenne und so lässt sich weit blicken, in die eine Richtung bis zum Meer und in die andere auf die endlos wirkenden Baumkronen des größten zusammenhängenden Waldgebietes der Europäischen Union. Die Suche nach Menschen führt uns auf den zentralen Markt. Hier herrscht ein buntes Treiben. Frische Obst- und Gemüsesorten werden um und in der Markthalle angeboten. Dazu Korbwaren, Schnitzereien, traditionelle Kleider. Und allerlei Gewürze. Der Cayenne Pfeffer ist übrigens ein Gewürz aus gemahlen Chillischoten der Cayennepflanze und wurde erstmalig in Peru angebaut, hat also keinen direkten Bezug zur Stadt. Neben den Verkaufsständen gibt es auch Essensstände mit vietnamesischen Spezialitäten, die berühmt in Cayenne sein sollen. Uns lockt eher eine ungewöhnlich anmutende Frucht. Walnussgroß, rot bis pink mit großen Stacheln präsentiert sich die tropische Frucht Ramboutan. Wir öffnen sie langsam mit einem Taschenmesser und uns erwartet ein weißes Fruchtfleisch mit einem großen Kern, das große Ähnlichkeiten zur Litscheefrucht hat und auch so schmeckt.

Wir verlassen den Markt nach einer Weile und fahren zurück zu unserer Unterkunft, denn wir wollen noch an den Strand und hoffen dort Schildkröten zu treffen. Die sogenannten Leatherback Riesenschildkröten vergraben ab April an den Stränden von Französisch-Guyana ihre Eier. Leider finden wir nur ein paar kleinere Vögel und ein Gewitter vor. Der Wind braust und peitscht das Meer auf, die Palmen klatschen ihre Blätter gegeneinander. Die Küste von Cayenne wirkt rau und wild. Man spürt die Natur und die Macht, die sie hier ausüben kann. Für Mitteleuropäer ist das schon ziemlich viel Natur, vor allem dann, wenn die Natur nicht nur vor dem Haus, sondern auch im Haus ist. Ameisen bahnen sich den Weg über Küchenmöbel auf der Suche nach Nahrung. Salamander hängen an Wänden und Decken und huschen schnell in ein Versteck, wenn das Licht angeht. Wenn es dämmert ist Mosquitozeit. Mosquitonetz und Insektenspray helfen nur bedingt und so ist der Körper schon nach wenigen Stunden übersäht von Stichen. Aufgrund von Malariaerkrankungen und Denguefieber lässt das ein mulmiges Gefühl zurück. Aber wir werden uns gewöhnen an unsere tierischen Mitbewohner. Wir hören den Regen auf das Wellblechdach trommeln und das grau am Himmel wird wieder zu schwarz.


Comments are closed.