Okt 12 2018

Der perfekte Tag

von Rosa

Kinder, wie die Zeit vergeht. Klingt abgedroschen und ist doch immer wieder wahr. Als ich an diesem Abend auf mein Handy schaue, leuchtet da in weißen Lettern der 12. September. Vor genau fünf Monaten bin ich los gereist. Fünf Monate Südamerika. Die Hälfte meiner Reisezeit ist um. Bergfest. Obwohl Bergfest feiert man ja eigentlich nur, wenn man daraufhin fiebert, dass etwas endet. Ich freue mich nicht auf das Ende. Genieße ich doch gerade viel zu sehr diese Reise. Natürlich gab es Situationen, da wusste ich nicht, ob ich so lange hier bleibe. Da gibt es Menschen und auch ein paar Sachen, die ich vermisse. Ich vermisse sie aber auch ein Stück weit gern, weil ich gemerkt habe ihren Wert noch mehr zu schätzen. Meine Reise hat mir nicht nur die Augen für Neues geöffnet, sondern auch meinen Blick geschärft für all das was schon lange in meinem Leben war. Das Licht fällt anders auf ein Bild, wenn man die Perspektive ändert.

Wir müssen einiges aufholen. Erst war Ronny krank, dann ich. Die Zeit bis zu seinem Abflug läuft davon und zumindest Ronny kann nicht ohne ein wenig Adrenalin zurück nach Deutschland. Wo könnten wir uns das besser einimpfen als in der Action-Hauptstadt Ecuadors: Baños. Also sagen wir Hello again zu unserer Abenteuerstadt. Baños 2.0. Noch am Abend unserer Ankunft begeben wir uns auf die Suche nach Anbietern für den Adrenalinrausch. Wir werden fündig: Brücken springen und Paragliding.

Der Wecker klingelt nicht. Ich drehe mich einmal, zweimal um. Es ist halb elf und wir sitzen am Tisch unseres Lieblingsladens: Ricoo Pan. Das heißt so viel wie sehr leckeres Brot und das ist es auch. Normalerweise bin ich vom Brot in Ecuador oder Kolumbien nicht so angetan. Meistens ist es süß oder süß und salzig. Nicht meine Kombination. Aber in diesem Brotladen gibt es Schwarzbrot, richtiges Schwarzbrot und Käse. Jeder Reisende kennt das Gefühl irgendwann an dem Punkt zu sein Heißhunger auf irgendetwas Bekanntes zu haben. Nicht selten ist es schnödes Schwarzbrot. Das Frühstück zieht sich über zwei Stunden hin, denn es gibt noch Eier, Pancakes, Obstsalat und frischen Saft. Lecker!

Gut gestärkt laufen wir zur Brücke. Dort warten schon zwei Männer mit Gurten. Der Sprung soll nur 30 Meter in die Tiefe gehen. Bis zur Schlucht in die wir gleich springen werden sind es fast 100 Meter. Es ist ratsam dabei nicht so oft nach unten zu schauen. Ronny besteht darauf, dass einer der beiden Männer zuerst springt, um sicher zu gehen, dass die Seile halten. Das ist natürlich kein Problem. Wir müssen wie ins Wasser am besten mit dem Kopf nach vorne springen. Ronny möchte trotzdem, dass ich als zweite springe, damit er noch sicherer sein kann, dass der Strick nicht reißt. Mir wird ein Gurt um meine Hüfte und Beine gelegt. Ich laufe langsam zur Kante. Schaue nur geradeaus. Ronny filmt mich mit seinem Handy und fragt nach letzten Worten. Hinter mir zählt jemand von drei runter.

Drei, Zwei, Eins. Ich springe. Einfach so. Doch was danach kommt ist schlimm. Ich habe das Gefühl: Jetzt ist es vorbei. Ich falle ins Nichts. So ein Gefühl hatte ich vorher noch nie. Doch ehe ich darüber Nachdenken kann, ob ich ein guter Mensch gewesen bin und wo ich jetzt wohl landen werde, stoppt das Seil mit einem Ruck und ich spüre einen Schmerz in meinen Oberschenkeln. Glück gehabt. Mir bleibt noch etwas Zeit für die letzte Frage. Ich schwinge am Seil noch ein paar mal hin und her und habe jetzt auch endlich Augen für die unglaubliche Landschaft in die ich gerade so kopflos gesprungen bin. Unter mir fließt das Wasser, links und rechts neben mir Felsen und am Horizont grüne Berge. Das Seil und ich pendeln über einem Felsvorsprung. Irgendwann lande ich sicher. Es bleibt ein gutes Gefühl und der Wunsch das Irgendwann zu wiederholen. Ronny springt nach ein paar Aufmunterungsversuchen auch. Als er wieder oben ankommt, will er am liebsten gleich nochmal springen, doch die Zeit ist knapp.

Wir kaufen noch schnell ein paar Souvenirs bevor es zum Paragliding geht. Im Kleinbus treffen wir Andrew aus Californien und Fernando seinen Schwager aus Ecuador. Eigentlich leben beide an der Küste und sind hier gerade im Urlaub. Der Bus fährt eine Stunde bis zu einem Berghang. Auf der Wiese stehen zwei Kühe, die sich von uns nicht beeindrucken lassen. Der Guide gibt uns eine kurze Einweisung. Beim Starten drei Schritte nach vorne rennen, wieder zurück und die Arme kreuzen. Ganz wichtig auch noch weiterrennen, wenn man eigentlich schon in der Luft ist. Das sieht zwar bescheuert aus, aber mit einem Paraglideschirm kommt man manchmal auch wieder schneller auf die Erde als einem lieb ist. Ronny darf als erster fliegen. Es funktioniert problemlos. Schon nach wenigen Sekunden schwebt er hoch in der Luft. Wir beobachten die bunten Schirme in der untergehenden Sonne.

Nach Andrew und Fernando bin nun endlich auch ich dran. Der Schirm bläst sich auf. Ich nehme Anlauf und schon bin ich in der Luft. Drücke meinen Sitz nach hinten und liege bequem in meinem Sitz. Der Kapitän hinter mir sagt: Willkommen in meinem Büro. Schöner Ausblick antworte ich lachend. Ich hänge in den Seilen hundert Meter über dem Boden und habe mich selten so sicher gefühlt. Der Schirm wackelt kaum in der Luft, nur wenn der Kapitän Wendungen unternimmt. Unter mir die kleinen Häuser sehe ich kaum noch wie sich die Autos bewegen. Viele Felder und riesige Berge. Hinter den Wolken versteckt sich der Tungurahua, ein immer noch aktiver Vulkan, der zum letzten Mal 2006 ausgebrochen ist. Das Besondere an diesem Flug ist, dass wir wieder zum Startpunkt zurückfliegen werden. Wir drehen noch ein paar Runden. Wirklich weit von unserem Startpunkt entfernen wir uns nie. Die Winde sind heute nicht ganz einfach sagt der Kapitän. Dafür klappt das alles aber gut, denke ich. Der Schirm senkt sich. Ich lasse nochmal den Blick über die Kulisse schweifen. Dann setzen wir zur Landung an. Über den Köpfen der Kühe. Ich laufe in der Luft bis meine Fußspitzen leicht den Boden berühren. Der Wind zieht den Schirm wieder nach oben und der Guide muss uns helfen anzuhalten. Dann stoppen wir und der Schirm fällt zu Boden. Auf der Wiese sind noch andere Flugschüler, die gerade lernen zu landen. Sie haben zwei Optionen. Entweder sie landen auf dem Arsch oder auf den Füßen. Letzteres birgt aber die Gefahr, dass der Wind sie wieder fortträgt und sie eine weitere Runde drehen müssen. Per Walki-Talki gibt der Kapitän Anweisungen an seine Schüler. Er kann die Winde auf seinem Smartphone beobachten. Als alles wieder Boden unter den Füßen haben geht es zurück.

Andrew und Fernando besorgen uns noch ein Taxi, denn wir wollen den Abend in den heißen Quellen über der Stadt ausklingen lassen. Eigentlich gehören die Quellen zu einer Hotelanlage und so müssen wir den Bademeister erst mal überzeugen, dass wir rein dürfen. Doch dann ist es kein Problem und wir stehen in weißen Bademänteln vor den kleinen Pools. Die meisten sind angenehm warm und beleuchtet. Wir steigen in den Whirlpool und bekommen ein Cocktail direkt an den Pool gebracht. Ungewohnter Luxus. Vom Beckenrand können wir auf die Lichter von Baños schauen. Der Anblick ist magisch. Es ist fast niemand mehr da und so nutzen wir die Gelegenheit und springen trotz Verbotes in die Pools. Wir werden ein bisschen schief angeschaut, aber das ist uns der Spaß wert.

Tatjana aus der Schweiz und ihr Freund Rico nehmen uns in ihrem Mietwagen zurück mit in die Stadt. In einer Bar erzählen sie uns, wie sie sich kennengelernt haben. Er war ihr Dozent und sie hat die Brandschutzverordnung nicht verstanden. Was für ein tolles Thema um sich zu verlieben. Aber scheinbar hat die Nachhilfe etwas gebracht. Tatjana arbeitet jetzt in Costa Rica bei einem Holzbauunternehmen. Wir tanzen noch ein bisschen Salsa und dann bewegt sich der große Zeiger langsam Richtung Zwölf. Wir schlendern nach Hause und fallen müde ins Bett. Mein Puls muss sich vom Tag etwas erholen und so denke ich noch ein bisschen darüber nach was wohl in den nächsten fünf Monaten vor mir liegt. Langweilig wird es wohl nicht. Bald geht es in den Süden. Ich bin gespannt mein Südamerika.

Am nächsten Tag beim Schwarzbrotfrühstück herrscht zwar keine Katerstimmung, dafür Abschiedsstimmung. Für Ronny geht es zurück nach Deutschland. Er fliegt am Abend von Quito. Auch wenn der Start mit der Krankheit alles andere als optimal verlief, war die kurze Zeit umso schöner. Eine kurze Umarmung, dann rollt der Bus los. Ich bleibe hier, denn es gibt noch viel zu erleben.  Da bin ich sicher.


Sep 28 2018

Von Superhelden, dem Teufel und Schlümpfen

von Rosa

Der Kranke

Was will man auf jeden Fall nicht, wenn man auf Reisen ist? Richtig, krank werden. Doch, da sich das Leben des öfteren den Spaß macht Pläne durcheinander zu bringen, passieren eben auch solche Unannehmlichkeiten. Als ich meinen ehemaligen Mitbewohner Ronny in Quito treffe, sieht er müde aus. Das ist auch kein Wunder nach über 18 Stunden Flug. Am nächsten Tag fühlt er sich noch schlechter. Kopf- und Gliederschmerzen, erhöhte Temperatur und Bettschwere. Hinzu kommt, Ronny hat sich vor einer Woche fünf Zeckenstiche in Bayern eingefangen. Da sitzt die Angst vor einer Borreliose im Nacken. Also doch lieber auf Nummer sicher und zum Arzt.

Unter der Neonröhre tropft ein Medikament aus dem Schlauch, das wir beide noch nie gehört haben. Wikipedia hilft und verrät, dass es in den meisten Industrieländern nicht mehr verwendet wird, aber wohl unbedenklich sei. Die behandelnde Ärztin hat einen mit Superhelden bedruckten Kittel an. Von allen Krankenhäusern in Quito wurde uns das Metropolitano empfohlen. Als einziges mit englischsprachigen Ärzten. Englischsprachige Ärzte heißt aber nicht automatisch englischsprachiges Personal. Der Krankenhausvertrag ist für mein Spanisch etwas zu viel. Also alles Übersetzen oder Augen zu und durch. Ronny schließt die Augen. Er ist müde. Es wird Blut abgenommen, Fragebögen ausgefüllt, nach Symptomen mehr schlecht als recht gefragt und dann sind erst mal alle weg. Das erste Urlaubsfoto wird nicht der Blick über Quito in der Abendsonne, sondern der Kranke am Tropf und im Nachthemd im Neonröhrenschein. Nach einer Stunde ist die Ärztin wieder da und die Bluttests auch: Alles im grünen Bereich. Die Superhelden-Ärztin verschreibt Paracetamol und Ausruhen. Ganz wichtig: nicht auf den Chimborazo oder Cotopaxi wandern. Beide sind über 5000 m hoch. Das war wohl der Witz des Tages. Mir brummt der Kopf vom Fachspanisch und Organisieren. Schnell besorge ich noch die Tabletten in der Apotheke. Dort werden auch Cola und Chips angeboten. Clever denke ich, gleich ein Angebot für die Nachfrage schaffen. So funktioniert Wirtschaft.

Nach einigen Recherchen im Hostel stellen wir fest, dass Borreliose sicher erst nach vier- bis sechs Wochen im Blut nachgewiesen werden kann. Ronny wird fast die Hälfte seines Urlaubs brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen. Am Ende war es aber wahrscheinlich nur ein starker grippaler Infekt. Aber wenigstens ein Urlaubsmotiv, dass nicht jeder bei Facebook postet.

Eine lange (Ab)Fahrt

Um der Höhe etwas zu entkommen, die Ronny zu schaffen macht, fahren wir drei Stunden südlich nach Baños. Der Name der Stadt „Bad“ ist Programm. Hier gibt es ganz unterschiedliche Thermalquellen und Wasserfälle. Da Ronny noch nicht richtig fit ist, schwinge ich mich alleine aufs Fahrrad, um die Wasserfälle rund um Baños zu erkunden. Der Fahrradverleiher erklärt mir, dass ich entweder nur bis zum größten Wasserfall „Pailon del Diablo“ (Teufelsschlucht) fahren kann oder bis ins 60 Kilometer entfernte Puyo. Bei der Zahl 60 stocke ich kurz, aber es würde wohl alles nur bergab gehen. Wie sich später herausstellt, war die Aussage nur zu 60 Prozent richtig.

Schon auf den ersten Metern fängt es an stark zu regnen. Das Wasser und der Dreck spritzen mir ins Gesicht und als ich beim ersten Wasserfall ankomme, sehe ich aus wie gerade aus dem Moor gestiegen. Der Ausblick auf die Wasserfälle und Schluchten ist beeindruckend. Aus den grünen Baumteppichen sprudeln größere oder kleinere Wasserquellen und stürzen in die Tiefe. Zu einigen Wasserfällen kann man entweder mit einer Gondel fahren oder sich an einem Seil hinüberschwingen. Ich entscheide mich erst mal bis zur Teufelsschlucht zu fahren. Der Weg ist schlecht ausgeschildert. Da könnte Mephisto wirklich mehr Werbung für sich machen. Wie sollen die verirrten Seelen ohne blinkenden Leuchtpfeil und High-End-Marketing zu ihm finden. Vielleicht dreht sich die Welt selbst für den Satan zu schnell. Ich bekomme gerade noch rechtzeitig die Abfahrt für mein teuflisches Date. Mein schlammiges Outfit ist etwas gewagt, aber vielleicht steht er ja auf Erdmenschen. Über eine Steintreppe geht es nach unten. Nach ein paar Metern sehe ich einen gewaltigen Wasserstrom, der in die Tiefe stürzt.

Selbst in einiger Entfernung, denkt man es regnet, obwohl das Wasser eigentlich vom Aufprall von unten nach oben gespritzt wird. Es wirkt tatsächlich als würde der Teufel hier persönlich wohnen. Durch eine Höhle, die wirklich nur für Zwerge ausgelegt ist, krieche ich bis hinter den Wasserfall. Die Lautstärke durch den Wasseraufprall ist ohrenbetäubend. Den Teufel habe ich allerdings auch nach mehrfachen Suchen nirgends gefunden. Was für ein Gentleman. Versetzt mich einfach.

Bis zur Teufelsschlucht stimmte die Aussage, dass es nur bergab ging. Aber bis Puyo liegen noch 36 Kilometer vor mir. Das Wetter ist unbeständig. Regen, Sonne und wieder Schauer. Die Abfahrten werden immer wieder durch kleine Dörfer, Tunnel und zu meiner besonderen Freude von Steigungen unterbrochen. Ich schleiche wie eine Schnecke im ersten Gang den Berg hoch. Andere Fahrradfahrer treffe ich nicht. Immer wieder hupen Autos und winken mir zu. Kinder drehen ihre Köpfe aus dem Fenster, um die Verrückte noch einmal zu sehen, die sich hier abschuftet. Irgendwann holt mich dann doch ein Radfahrer ein, der wohl gerade von der Tour de France kommt. Ich darf ein Stückchen in seinem Windschatten mitfahren. 30 Minuten sagt er noch bis Puyo. Ich erkenne schon an seiner Tonlage, dass er wohl mir zu Liebe nicht ganz die Wahrheit sagt. Wenigstens hat der Regen und der Schweiß meine Schlammkruste vom Gesicht und der Kleidung gewaschen.

An einem Aussichtspunkt kommt mir eine Rast sehr gelegen. Das Stück Zitronenkuchen schmeckt trotz seiner Trockenheit in diesem Moment wie die beste Sonntagstorte von Oma. Noch 12 km. Diesmal stimmt es tatsächlich und der Weg ist bis auf ein paar Ausnahmen fast eben. Nach vier Stunden erreiche ich Puyo in Wasser gebadet ob vom Regen oder der Hitze ist schon lange egal. Mein Fahrrad kann im Innenraum des Buses verfrachtet werden und ich bin erstaunt und ernüchtert wie schnell ich wieder in Baños bin. Ein Motor ist eben doch etwas anderes als (meine) Muskelkraft.

Einmal bis zur Sonne und zurück

Trotz meines Muskelkaters mache ich mich am nächsten Tag auf zu einer Wanderung. Bis zum Baumhaus „Casa de Arbol“ soll es gehen. Acht Kilometer klingt machbar. Allerdings alles bergauf und ich meine das steile bergauf. Bis zur einer Maria-Statue kommen mir noch ein paar Wanderer entgegen. Irgendwann ist der Weg nur noch ein Trampelpfad und die Menschen verschwunden. Die Sonne brennt. Nach vier Kilometern brennen auch meine Beine und ich betäube meinen Schmerz mit spanischem Raggaeton. Das treibt an. Nach einer weiteren Serpentine erschrecke ich fast. Tatsächlich zwei andere Wanderer und wie sollte es anders sein, sie sprechen deutsch. Solche Wanderungen machen nur die dummen Europäer lacht mich der Schweizer an. Sie haben Wanderstöcke dabei und ich bin kurz neidisch. Ob ich alleine unterwegs wäre, fragt mich der Begleiter des Schweizers, der scheinbar aus der Region kommt. Ja, antworte ich. Oh, ich solle aufpassen. Vor zwei Jahren wäre hier ein Amerikaner verschwunden und ich solle mir einen Stock suchen. Oben auf dem Plateau wären bissige Hunde. Ich mache mir über die Hunde wesentlich mehr Gedanken, als über das Verschwinden des Amerikaners. Wer macht sich schon die Mühe hier hoch zu krabbeln und hat dann noch die Energie jemanden tot zu schlagen oder gar wieder runter zu schleppen. Ich frage wie weit es noch ist und wie eigentlich immer, ist die Antwort nicht mehr weit. Endlich oben angekommen bellt nur ein Hund von Weitem. Vorbei an Papaya-Plantagen und dem Trampelpfad weiter folgend, komme ich irgendwann verschwitzt und durstig an einer weiteren Hauptattraktion von Baños an. An dem Baumhaus hängt eine riesengroße Schaukel, die über einem Abgrund schwingt. Das verspricht Spaß. Es ist Sonntag und so stehen an der Attraktion eine Hand voll Menschen an. Ich steige in die Schaukel, bekomme einen Gurt umgeschnallt. Ein kräftiger Schubs und ich fliege Richtung Wolken. Ein tolles Gefühl. Mit jedem Anschubs komme ich dem Himmel ein Stück näher. Am Ende verpasse ich die Sonne nur knapp.

Auf dem Weg zurück ins Tal nach Baños führt mich meine Karte einmal quer Feld ein. Unbedarft wandere ich den Weg entlang, als mich um die Ecke plötzlich ein grauer Stier anschaut. Einige Sekunden später realisiere ich, dass ich einen roten Rucksack auf der Brust trage. Ich bin in diesem Moment froh, dass er an einem Seil angebunden ist. Trotzdem versperrt mir das schöne Tier den Weg und links und rechts ist ein Zaun. Wir müssen uns also arrangieren. Ich binde mir den Rucksack auf den Rücken und bitte den Stier zum Tanz. Wir schauen uns in die Augen. Ich bewege mich langsam. Vorsichtig, immer mit den Augen auf die zwei Hörner fixiert. Dann stolpere über einen Ast und das Tier sieht es als Zeichen loszurennen. In diesem Moment bin ich zum Glück schon weit genug entfernt um engeren Kontakt zu vermeiden. Ich verabschiede mich unvermittelt und laufe zur Sicherheit noch ein paar Meter weiter. Vom kleinen Intermezzo erholt, eröffnet sich mir ein wunderschöne Blick. Die Sonne geht zwischen den Bergen unter und wirft einen goldenen Schein auf die Berghänge und die kleinen Häuser von Baños.

Heiße Quellen

Entspannung im warmen Wasser. Genau das richtige für meine müden Beine. In Baños gibt es verschiedene Thermalquellen. Die berühmtesten sind die Piscinas de la Virgen, die Quellen der Jungfrau. An diesem Abend ist viel los. Alle Badegäste müssen Badekappen tragen und so erinnert die Menschenansammlung ein bisschen an die Schlumpfenparade. Auch ich schmeiße mich in Schale und halte meine Fußzeh in den ersten Pool. Autsch. Es ist heiß. So richtig Kochwasserheiß. Ich schaffe es bis zu den Knien, denn ich will noch nicht gar werden. Man muss den Schrumpelprozess ja nicht noch vorantreiben. Der nächste Pool ist dafür eher Schockfrostung und ich schwimme schnell hin und her, um mich irgendwie aufzuwärmen. Hier ist es zwar ein paar Sekunden länger auszuhalten, aber die Entspannungsphase setzt auch nicht ein. In einem anderen Schwimmbecken sehe ich von weiten nur die vielen bunten Schlumpfenmützen. Das Becken ist so überfüllt, dass alle wie Frösche im Wasser hocken und darauf warten, dass am Rand ein Platz frei wird, den sie ergattern können. Das Wasser ist zwar auch heiß, aber dennoch auszuhalten. Bei so einer kuscheligen Atmosphäre kommt man automatisch ins Gespräch und so hört sich das Becken nach kurzer Zeit wie ein Froschkonzert an. Ich springe abwechselnd zwischen kaltem und warmen Wasser hin und her und hoffe auf stärkere Abwehrkräfte. Es ist vielleicht nicht wirklich entspannend, aber dennoch ein Spektakel sich in die heißen Quellen von Baños zu stürzen oder zu quetschen.