Dez 21 2018

Bröselnder Berg

Tupíza, Bolivien

Von Karl

 

Als die junge Sonne durch die beschlagenen Scheiben zu blinzeln beginnt, geht es für mich auch schon zu Fuß weiter. Ein paar hundert Meter durch die beschauliche Kleinstadt La Quiaca. Das Ebenbild einer Grenzstadt. Ein paar Unterkünfte überall. Geldwechselstuben. Viele Menschen mit Reisegepäck oder Waren. Andere mit besonderen Angeboten. Eine kurze Brücke überspannt den kleinen Bach und verlängert den Weg nach Bolivien. Nach Villazón.

Grenzfluss, links Bolivien, rechts Argentinien

Ein gutes Dutzend Wartender steht schon vor dem weißen Container der Migrationsbehörde. Diesmal bekomme ich eine andere Art Kassenbon in den Ausweis. Immer wieder was neues. Auf bolivianischer Seite dagegen meint der Eingangswächter, dass der Kassenbon zum Aufenthalt reiche. Ich bräuchte keinen bolivianischen Stempel.

Geldwechseln und weiter geht‘s. Es gäbe ein Zug der in Richtung Uyuni fährt, leider nur selten und leider zu ungünstigen Zeiten. Kleinbusse sind da schneller und günstiger. Sobald ich am Busbahnhof ankomme, fülle ich den letzten Platz im Kleinbus auf und schon rattert der alte Toyota raus aus dem Ort. Die Gegend wird deutlich trockener und wir schrauben uns durch die faszinierende Landschaft und immer auch bergan. Zurück in den Altiplano führt die Reise. Eine Hochebenen in den Anden, die große Teile Boliviens ausmacht und gut besiedelt ist.

Keine Stunde später kommt schon Tupíza, mein Tagesziel. Bevor die Stadt endgültig erwacht, kann ich schon den ersten Stadtspaziergang machen. Der zentrale Platz ist beeindruckend begrünt, obschon die Straßen von staubiger Trockenheit strotzen. Fein säuberlich wird der Sand beständig beiseite gefegt und die blühenden Pflanzen gehegt. Mit zärtlicher Liebe halten die Bewohner*innen die Stadt sauber und zeigen sich als höfliches Gegenbeispiel zu den doch oft vollgemüllten Ecken Boliviens.

Der Tourismus hat das Antlitz des Städtchen geändert, sodass es ein-zwei Straßenzüge mit den entsprechenden Angeboten gibt. Für mich ist leider keins dabei. Ich beginne das bolivianische Leben zu genießen und kaufe meine Sachen auf den Märkten, bis hin zu leckeren Mahlzeiten.

Der kleine Ort hat auch eine Art Hausberg, den Cerro Cruz. Eine Wanderung sollte nicht das Problem sein, so denke ich. Das entsprechende Schild am Straßenrand weißt auf einen Eingang, der übersät mit Müll ist. Der Aufstieg wechselt schnell ins sehr beschwerliche. Doch die größte Herausforderung bleibt der Berg an sich. Das rote Gestein erscheint zwar fest, ist aber sehr lose und zerbröckelt leicht in den Händen. Alles scheint nicht wirklich fest oder sicher zu sein. Das Klettern wird zum großen Risiko, weil doch hin wieder ein Stein wegrutscht, den ich vorher als fest eingestuft hatte. Starke Temperaturschwankungen zwischen einstellig in der Nacht und über 30 am Tag, haben das Gestein ganz porös gemacht. Es ist leider auch steil genug um weit genug zu falle. Und dann sind da noch die ganzen stachligen Pflanzen. Nach einer knappen Stunde sinnlosen Kampfes mit dem Berg, beschließe ich den Abstieg und – wie es so oft ist – finde ich sodann den eigentlichen Weg. Deutlich unbeschwerlicher geht es nun bergan. Leider fehlt es komplett an Beschilderung und so komme ich weitere Mal vom Weg ab.

Am dreckigen Gipfelkreuz angekommen, beginnt ein schöner Ausblick über die Stadt und deren Umgebung. Tupízas Umgebung hat eine Vielzahl von steinigen Erhebungen die in den verschiedensten Farben leuchten. Alle Farbtöne von rot, grau, gelb, grün sind gut vertreten. Es ist prächtig anzusehen und der Ort entspannt um ein wenig sich auszuruhen und zu genießen. Ein weiterer Berg im Rücken hat die Form eines Elefanten. Kein Witz. Die Stadt ist von einem Bach durchzogen der sich durch ein breites und trockenes Flussbett zieht. Es deutet sich an, dass zu anderen Zeiten der Bach auch deutlich anschwellen kann und dann die Größe eines reißenden Stroms erreicht.

Um halb Eins mache ich dann Photos vom Gipfelkreuz, weil gut zu erkennen ist, dass die Sonne im Zenit steht, das heißt im rechten Winkel zum ebenen Boden. Das ist mir noch nie begegnet in meinem Leben und ich habe extra öfters nachgeschaut um einen Ort und Tag zu finden. Nun ist es soweit.

Sodann erklimmt auch ein Australier den Berg, der wohl weitere einzige Mensch weit und breit, der sich diesen Berg antut. Wir lassen uns gemeinsam über den schlecht beschilderten Cerro Cruz aus und als wir an der Straße ankommen, merken wir, dass der Einstieg zum Berg gut zehn Meter hinter dem Schild ist. Er ist auch direkt am Schild eingebogen.

Manchmal bin ich einfach zufrieden, wenn ich nicht der einzige dumme bin.


Aug 16 2018

Cartagena: Türkis, Schwarz, Orange

 

Von Karl

Türkis

Das Wasser ist türkis, die Bucht einsam, die Bäume tropisch. So stellen sich viele das Paradies vor. und da waren wir. Jetzt nicht im Paradies, aber so wie es sich viele vorstellen. Mit der Schwimmbrille beobachte ich über das Wasser gleitend die tausenden kleinen Fische, die hier in Schwärme durch das Meer huschen oder wie ertappt neben mir schweben. Die Wellen sind schwach und die Sonne brennt. Das türkise Wasser wird nur langsam tiefer und ist durch Felsen unterbrochen, die allesamt bis knapp an die Wasseroberfläche reichen. Hier siedeln weitere Fische, die teilweise handgröße überschreiten. Manche tarnen sich mit ihrer schwarzen Farbe auf den dunklen Steinen weg, andere haben lila schimmernde Schuppen.

Bevor mir die Sonne einen Sonnenbrand auf den Rücken zaubert, übergebe ich die Schwimmbrille an die schon im Ufer wartende Rosa. Die Bucht ist eng und hat nur einen kleinen Bereich Sandstrand. Da aber sonst niemand da ist, ist der Ort perfekt. Von hier gehen verschiedene Höhlen und felsige Wege ab, die zu einen weiteren ähnlichen Ort führen.

Unser Glück soll aber nicht ewig halten und bald kündigt sich mit heftigen Donnern ein Gewitter an. Mit Blitzen und Starkregen nähert sich ein ordentliches Unwetter. Gut, denke ich mir, dann eben eine kostenlose Dusche um das salzige Meerwasser abzuspülen. Ich bringe meine Sachen ins Trocken und warte geduldig.

Der eigentliche Strandbereich ist viel viel länger und völlig überlaufen. Ein Geschäft reiht sich auf dem Strand an das nächste. Restaurants, Bars, Verleiher, etc. Wer hinter den Hütten lang läuft findet eine völlig verschmutzte Lagune vor. Die Schattenseite des intensiven Tourismus in dem Naturschutzgebiet.Trotz herannahender Blitze wird weiter fröhlich gebadet, Jetski gefahren und Ausflüge mit schmalen Holzbooten gemacht. Durch den starken Regen können wir später unbehelligt den Weg zurück finden. Ein Bus brachte uns her und nimmt uns wieder zurück nach Cartagena.

Schwarz

Cartagena ist wohl der berühmteste Touri-Ort Kolumbiens. Voll mit kolonialen Bauten, mittelalterlichen Mauern und Verteidigungsanlagen aus Zeiten als Spanier*innen hier das Raubgold nach Europa verschifften, westafrikanische Sklav*innen verkauften und englische Pirat*innen versuchten Teile streitig zu machen. Andere Teile stehen voll mit Hochhäusern, die entweder Hotels oder luxuriöse Apartments enthalten. Eine Halbinsel soll ausschließlich daraus bestehen, aber auch der östliche Teil Cartagenas beherbergt einige Dutzend dieser Mini-Wolkenkratzer. Wir machen einen eigenständigen Rundgang durch das Zentrum, der durch Schilder unser Wissen anreichert. Vielfach wird auch das Leben der schwarzen Sklav*innen thematisiert, die schlimmstmöglich behandelt wurden. Wie Ware wurden sie gehandelt, d.h. auf dem Markt feilgeboten. Insofern sie unbeschadet die lange Reise über den Atlantik überlebt haben.

Die Straßen im Zentrum sind sehr schick gemacht. Sehr bunte Häuserwände, mit vielen Blumen und enge Gassen lassen das Herz vieler Touris höher schlagen. Unser Rundgang endet in einem Park mit einem Stück Anoncillo-Strauch. Das ist eine kubanische Bezeichnung für kleine Früchte, die es in englischer oder deutscher Sprache nicht gibt. Sie sind nicht viel größer als eine Murmel, dunkelgrün, ledrige Haut und innen ein recht großer heller Kern. Das orange Fruchtfleisch ist sehr saftig, süß und eine Spur sauer. Auf jeden Fall sehr lecker. Während wir das noch genießen, kommt eine dunkelbraunes Eichhörnchen und fängt an einige der Kerne neben einen Baum zu vergraben. In Kolumbien heißt die Frucht wohl Mamón oder Mamoncillo.

Orange

Nach Cartagena sind wir per Bus gekommen. 13 Stunden von Medellín aus. Die Details, warum ich im Bus nicht schlafen konnte, zu der Verrückten Mitfahrerin und ihrer nächtlichen Hyperaktivität … ja, das möchte ich euch ersparen. Mit dem Ausstieg aus dem gekühlten Bus, erschlug uns die hiesige Hitze. Karibische 33 Grad sind hier normal. Seitdem schwitzen wir alles vor. Meine Shirts haben weiße Salzflecken und meine Haut ist gerötet. Jeder gekühlte Raum und gekühlte Bus ist eine Wohltat. Am Tag unserer Abreise bin ich extra um 5:15 aufgestanden um noch vor dem Sonnenaufgang im Meer zu sein. Tatsächlich ist ein Strand nur ca 15 Minuten von unserer Unterkunft entfernt. Noch sehr ruhig breitet sich die Karibik vor mir aus, als ich langsam in das Meer gehe. Nicht nur, dass es draußen noch angenehm ist, was nicht heißt, dass es kühl ist, nein, noch ist das Meer abkühlend, was es tagsüber nicht mehr ist. Nach ein paar hundert Metern kann ich eine orange Scheibe am Strand aufgehen sehen, die ich am Abend zuvor noch über der Karibik untergehen habe sehen können.

 

PS.: Nun eine aktualisierte Karte mit den Orten in Kolumbien, wo wir sind bzw. waren: