Okt 30 2018

Abenteuer Busfahren

Von Karl

 

Nicht, dass ich nicht schon unzählige Male Bus gefahren bin in Südamerika, aber diese Fahrt ist einen eigenen Beitrag wert:

Wir brechen in Puno in aller Frühe mit dem Bus am zentralen Busbahnhof auf. Statt einen Direktbus nach La Paz zu nehmen, ist es günstiger über Umwege einen Touri-Bus zu nehmen. D.h. mit Führerin im Bus. Die allerdings nur ab und zu leise ganz vorne ein paar Ansagen macht.

Wir haben kaum Puno verlassen und biegen auf eine Tankstelle ein, schon unterschätzt der Busfahrer die Höhe des Zapfsäulen-Daches und wir können zugucken, wie zwei Reihen vor uns, die Scheibe vom Beton eingedrückt wird. Es kracht kurz und einige Schocksekunden später setzt der Bus aber schon zurück. Mit jedem Ruckeln rieseln nun Glassplitter aus dem faustgroßem Loch.

Während und nach dem Tanken fangen die versammelten Schaulustigen nun an den Bus mit durchsichtigen Paket-Klebeband zu flicken. Irgendwann wird ein Kleinbus vorgefahren, von dessen Dach aus der Busfahrer die Scheibe repariert.

Notdürftig gesichert, rollen wir weiter, auch wenn weitere Glassplitter bei jedem Schlagloch aus dem Fenster rieseln. Durch unser ganzes Fenster ist der Ausblick auf den Titicacasee fesselnd, zumal wir auch immer wieder andere Blickwinkel bekommen. Irgendwann hält der Bus fürs Geld wechseln und später für die Grenzbehörde. Wir bekommen den peruanischen Ausreisestempel und wandern zu Fuß zur bolivianischen Behörde. Hier gibt‘s zum Stempel noch ein grünes Papier, was wir vorab ausfüllen mussten und ab geht‘s.

die südamerikanische Lösung des Busfahrens: Die Haltestelle ist da, wo du deine Hand raushälst

Der Bus endet allerdings im bolivianischen Copacabana. Eine touristische Stadt am Titicacasee mit vielen Booten und Stegen. Allerdings liegt sie sehr ruhig da, als wir eine kurze Runde drehen.

Copacabana, Blick auf den Titicacasee

Zeitgleich fahren zwei Busse ab Copacabana nach La Paz und wir ergattern die schönsten Plätze ganz vorne oben im Bus. Noch mehr können wir auf der folgenden Fahrt den Blick auf die Landschaft und den Titicacasee genießen. Nach nicht langer Fahrt kommen wir nach San Pedro de Tiquina. Einem Dörfchen, dass mit Fähren verbunden ist. Hier müssen wir also ein kurzes Stück über den Titicacasee mit der Fähre fahren. Allerdings der Bus für sich und wir mit einem kleineren Boot. Unser Bus ist schnell aufgeladen, während wir noch warten, dass die Holzschale voll wird. Keine zehn Minuten später landen wir auch auf der anderen Seite an. Manche nutzen die Gelegenheit der nahen Toilette. Eh alle im Bus sind, wird es dauern. Niemand scheint in Hektik.

Als wir allerdings auf unseren Bus zulaufen fährt dieser vor unseren Augen ab. Pippi und ich glauben es erst gar nicht, aber tatsächlich ist unser Bus gerade ohne uns Richtung La Paz abgefahren. Inklusive unseren Rucksäcken im Kofferraum und Essensbeutel und Wasser auf den Sitzen. Ich hätte nicht gedacht, dass das möglich ist. Wenn jetzt unser gesamtes Gepäck weg ist, haben wir ein großes Problem. Das ist was mir ab diesem Moment durch den Kopf geht. Das würde der ganzen Reise ein erheblichen Schaden versetzen.

das letzte Photo vom Bus …

Wir sprechen aufgeregt mit dem Busfahrer von dem zweiten Bus, der nun auch an Land ist. Tatsächlich hat er noch zwei Plätze frei. Wir können also mitkommen und er sagt, er würde anrufen. So kommen wir also noch gen La Paz. Immer mit dem Gedanken bei meinem Rucksack, fällt es mir schwer die weißen Gebirgsketten zu genießen, die mir geboten werden. Irgendwann passieren wir El Alto und fahren in das Tal von La Paz. An der Hauptstraße hält der Bus und lässt nur uns beide raus. Offensichtlich fährt dieser Bus nicht zum Busbahnhof. Er zeigt uns den Weg und kassiert für die Fahrt.

Wir finden auch den Busbahnhof und suchen ewig bis wir „Vicuña Travel“ finden. Das Unternehmen unseres eigentlichen Busses. Ein riesiger Stein fällt mir vom Herzen als ich unsere Rucksäcke wiedersehe. Tatsächlich wurden sie zu ihnen hinter den Schalter gebracht. Ich frag noch nach unseren Sachen, die auf den Sitzen lagen, und werden auf eine weitere halbe Stunde Warten vertröstet. Ich versuche die Extra-Kosten wiederzubekommen, aber die beiden Schalter-Frauen sehen die Schuld bei uns. Am Ende lässt sich schwer sagen, wer hier etwas nicht gesagt oder nicht verstanden hat.

Trotzdem sind wir glücklich, dass unsere Rucksäcke vollständig auf unseren Rücken sind!


Okt 28 2018

Hoher See mit vielen Inseln

Von Karl

 

Puno ist die größte Stadt am Titicacasee. Der Titicacasee ist weltberühmt, weil es der höchste See der Welt mit kommerzieller Schifffahrt ist. Wir sind auf 3.800m angekommen und die Höhe der letzten Tage, sowie die Entbehrungen während der Wanderung schlagen zu, sodass ich mich teils sehr krank fühle. Puno liegt auf der peruanischen Seite. Der See liegt mit der anderen Hälfte in Bolivien. Der See verliert seit Jahren an Wasser und ist insbesondere vor Puno stark verschmutzt. Ansonsten hat er eine hohe Bedeutung für die Region die zu großen Teilen auch den Quechua– und Aymara-sprachigen Indigenen angehören. Der See sorgt für konstanteres Klima, dass viel Landwirtschaft zulässt.

Bei unseren ersten Rundgang in der Stadt kommt uns auch gleich eine Demonstration entgegen. Soweit wir die Forderungen verstehen, geht es um Gleichberechtigung insbesondere in den Gesundheitsinstitutionen. Viele laufen in den Krankenpfleger*innen-Berufsklamotten und haben selbstgebasteltete Schilder dabei. Sie zeigen sich sehr kämpferisch.

Die Stadt an sich, wirkt ruhig und das Zentrum von Touris eingenommen. Es gibt eine Fußgängerzone. Vom Zentrum sind es nur 20 Minuten bis zu einem Aussichtspunkt. Vorher sind noch hunderte Stufen zu erklimmen, aber bei den gut 4.200m hoch liegenden Metallvogel, bekommt man ein schönes Panorama über Puno und der Bucht von Puno. Tatsächlich ist der Titicacasee sehr groß und wirkt wie ein Meer.

Am zweiten Tag machen wir das, was wohl alle Touris machen. Wir umgehen die teuren Agenturen im Zentrum und bekommen ein 15 Soles Ticket für die Uros am Hafen. Die Uros leben als Volk auf selbstgebastelteten Inseln auf dem See. Aus Schilf haben sie alles erdenkliche gebaut. Bis hin zu Häuser. Sie wollen nicht an Land ziehen und haben Tourismus und Fischfang als einzige Einnahmequellen. Die 2.000 Insulaner*innen haben sich dabei gut organisiert, sodass ein Besuch ein freundliche aber verkaufsorientierte Massenabfertigung ist. Wenn das kleine Boot an ihrem Schilf anlandet kommen sie extra winkend heran. Es sind Schmuck und Handwerk zum Verkauf aufgebaut und jeden Tag scheint eine andere Familie mal dran zu sein. Es ist spannend mal auf Schilfinseln zu laufen und zu sehen, wie sie darauf leben, aber nach 15 Minuten ist auch alles gesehen. Es gibt auch Sonnenstrom und es würde mich nicht wundern, wenn sie ihr Smartphone immer schnell verstecken, damit alles so aussieht wie Touris das erwarten.

Wir bekommen noch eine Fahrt mit dem Schilfboot aufgequatscht und landen an einer anderen Insel mit ausschließlich Restaurants. Wir warten also eine weitere Stunde, ehe es zurück nach Puno geht.

Wir machen einen Haken an Puno und freuen uns auf unsere nächste Reise.

PS.: Punos Lage in Peru …


Okt 26 2018

Zu Fuß zum Pool und zurück

Von Karl

 

Es ist 3 Uhr früh, als wir vor unserem Hostel mit all unseren Sachen stehen. Wir warten in der noch kalten Nacht. Dann kommt ein Mann die Straße runter, nennt unsere Namen und nimmt uns mit. Immer wieder zwei Ecken und einmal telephonieren. Warten. Noch eine Ecke weiter und wieder telephonieren. Warten. Dann kommt der Bus und wir steigen schnell ein.

Tal der Condore

Zusammen mit einem guten Dutzend anderer Reisenden brechen wir auf zu unserer Wanderung ins Colca-Tal. Eines der tiefsten Täler der Erde. Genau genommen der zweittiefste Canyon der Erde. Über 3.200 m ist das Colca-Tal tief.

Noch morgens erreicht der Bus die Hauptstadt des Tals: Chivay. Dort gibt es kurz Frühstück und wir fahren weiter ins Tal hinein. Am Cruz del Condor machen wir Stopp und können einen fulminanten Ausblick wagen. Kilometer geht es steil nach unten, während wir auf Felsen sitzen. Gegenüber steigen die Berge auf bis sie weiße Kappen bekommen. Die Dimensionen sind unvorstellbar.

In den Lüften vor uns gleiten mühelos Condore. Braune oder Schwarz-Weiße. Sie zählen zu den größten Vögeln und beherrschen das Tal. Mal segeln sie über uns, mal segeln sie weit unter uns.

Abstieg

Nur kurz dürfen wir den Ausblick genießen, bevor es weiter geht an den Startpunkt unserer Wanderung bei Cabanaconde. Wir werden noch schnell aufgeteilt in die 3-Tages-Tour, 2-Tages-Tour und die Tages-Tour. Unser Guide, Fernando, kommt gerade von einer Tour und macht mit uns die Zweitägige. Nach nur wenigen Metern sind wir wieder am Rande der Schlucht und beginnen den Abstieg. Fernando ist nicht nur unser Guide, sondern auch das Lexikon zur Umgebung. So ist der Hang, den wir absteigen sehr trocken, während auf der anderen Seite auch Landwirtschaft möglich ist. Über grauen Schotter und Geröll geht es unter der sengenden Sonne Meter für Meter bergab. Eine Seite ist der Abgrund und auf der anderen geht es steil bergan. Kommt eine Kehre, wechseln die Seiten. Wir erfahren, dass im Talgrund 40 Grad Celsius herrschen. Wir haben zwar mit viel Wasser die Tour gestartet, aber der Pegel in der Flasche fällt kontinuierlich.

Gute drei Stunden sandig-rutschiger Abstieg später, erreichen wir den kontaminierten Fluss im Talgrund. Nach kurzer Pause geht es über eine Hängebrücke auf die andere Seite. Durch Gärten und vorbei an alten Frauen die Kekse, Obst und Wasser verkaufen. Wir kommen an unsere Pausenstation und bekommen mageres Mittag. Etwas enttäuscht versuchen wir unsere geschundenen Körper im Schatten zur Ruhe zu bringen, doch ein fettes Huhn lässt mich einfach nicht in Ruhe. Was auch immer ich den Huhn angetan hatte, es verfolgte mich über die Wiese bis wir den Ort wieder verließen. Gerne hätte ich die steilen Hänge aus ruhender Position unter dem schattigen Avocado-Baum genossen. Nun. Selten, dass ich einem Lebewesen ein Ende als Broiler gewünscht habe.

Bis zur unserem Ziel sind es aber nochmal drei Stunden. Wir beginnen die Wanderung entlang des Tals und schon bald folgen steile Auf- und Abstiege. Fernando entschuldigt sich immer wieder im voraus: Es sei halt ein Canyon. An einem Zwischenstopp bei einigen Kakteen erklärt er uns, dass diese auch industriell angebaut werden. Weil sich darauf ein kleiner Käfer parasitär entwickelt, der zerdrückt eine dunkelrote Farbe hat. Diese wird als Farbstoff und in der Kosmetik-Industrie verwendet.

Unsere Füße entwickeln zeitgleich Blasen und Muskelkater. Besonders Bergabstiege treffen nicht auf unsere Gegenliebe. Erste Blasen haben sich gebildet, die verarztet wurden. Eine halbe Stunde vor dem Ziel müssen wir unsere Wasservorräte auffüllen. Nochmal 5 Liter und etwas Obst. Zum Glück hat ein alter Mann ein kleinen Holzverschlag aufgebaut – im Nirgendwo. Als wir den letzten Anstieg geschafft haben, eröffnet sich ein erster Blick auf unser Tagesziel: Oasis de Sangalle.

In der Innenseite der Flusskurve breitet sich eine breite Grünfläche mit Palmen und Pools aus. Ein Pool entwickelt für uns schnell eine Anziehungskraft und spendet neue Motivation. Noch vor der Brücke auf die grüne Insel inzwischen der felsigen Landschaft, erscheint uns ein großer Wasserfall auf der gegenüberliegenden Seite. Mitten aus der Felswand scheint er zu entspringen und ab da und abwärts ist plötzlich alles grün. Doch dann ruft der Pool erneut. Ein letztes Mal über eine Brücke und letzte Meter nach oben, einmal quer durch das teils überwucherte Gebiet, bis wir in einer Bungalow-Siedlung ankommen. Strom ist hier Mangelware.

Unser Guide teilt uns auf die Zimmer auf. Kaum haben wir unsere Sachen in dem Bambus-Verschlag außerhalb der Reichweite von Kleintieren und Skorpionen geparkt, springe ich auch schon in den Pool. Das recht frische Wasser kühlt die geschundenen Beine und gleicht einer Wohltat. Ich könnte stundenlang darin ausspannen, wenn es nicht auf die Dauer zu kalt wäre. Zudem wirft sich der Schatten frühzeitig über uns und ich suche nach der Dusche die warmen Klamotten auf.

Gefühlte Ewigkeiten warte ich mit knurrenden Magen auf das Abendbrot und bleibe enttäuscht von der mageren Mahlzeit. Wir sind geschafft und suchen direkt den Weg in die Horizontale. Nicht ohne den krassen Sternenhimmel zu sehen. Fernab großstädtischer Lichter erscheinen Millionen kleiner Sterne und die Milchstraße ist ohne Probleme zu erkennen. Ich muss stehen bleiben und dieses seltene Bild tief in mir einprägen. Oft habe ich das Bild nicht gesehen. Mal bei einer Segelfahrt auf der Ostsee oder bei der Überfahrt mit dem Frachtschiff nach Südamerika oder auf dem Boot im Amazonas-Regenwald. Nein, so ein Himmel ist selten.

Aufstieg

Schon 4:30 Uhr treffen wir die Gruppe und Fernando, damit wir den Rückweg nach Cabanaconde machen. Diesmal eine andere Route, doch der Höhenunterschied bleibt gleich. Wir steigen direkt von 1.900m auf 3.300m. 1.400 Höhenmeter in wenigen Stunden. Im Zickzack den Weg über Schotter und Fels. Wir haben unsere Stirnlampen an und folgen jeweils unseren Vordermenschen. Andere Gruppen sind am Hang wie Lichterketten, die im Wind wackeln, zu erkennen. Langsam schieben wir uns Kurve um Kurve nach oben. Plötzlich sollen wir alle an die Innenseite gehen und warten. Eine Gruppe Esel rauscht an uns vorbei. Inklusive Esel-führer. Auf der gesamten Strecke nach oben transportieren Esel die nötigen Sachen für die Menschen im Tal oder Touris, die aufgegeben haben. Lediglich der Müll wird von Hand geleert und auf dem Rücken getragen. Der ältere Mann hat nur Sandalen an, zwei riesige Säcke Müll auf dem Rücken und überholt mich mühelos. Ich rede mir ein, dass ich kaum 1.400 Höhenmeter in Deutschland trainieren hätte können. Er schon.

Die Berge am Horizont werden zu erst in orangefarbenes Morgenlicht getaucht. Bis mich die wärmende Sonne erreicht, vergehen allerdings noch schweißtreibende Stunden. Das Orange wandelt sich langsam in kräftige Farben und diese fließen langsam ins Tal. Wie frische Farbe die nach und nach auf die Berggipfel aufgetragen wurde und dann über die Kanten ins Tal läuft.

Fernando hat uns mittlerweile drei Bäume gezeigt, bei denen wir uns wiedertreffen sollen. Sie sehen klein aus und ich glaube, dass sie ein erstes Zwischenziel mit Pause sind. Mittlerweile haben Pippi und ich die Strategie entwickelt, möglichst vorne zu laufen und Pausen zu vermeiden, damit wir an der eigentlichen Pausenstation eine umso größere Pause haben. Wir haben allerdings nicht mit DIESEN Bäumen gerechnet. Lange Zeit nehmen wir Stein für Stein während unsere Herzen pumpen und der Schweiß von der kühlen Luft schnell getrocknet wird. Als nach vielen unendlichen Minuten tatsächlich DIE Bäume wieder auftauchen, sind sie immer noch verdammt weit oben. Wir machen nun doch Trinkpausen und lassen unglaublich sportliche Menschen an uns vorbeiziehen. Immer wieder auch Esel. Manche Touris auf den schaukelnden Rücken am Rande des Abgrundes haben weiße Gesichter die im Kontrast das Esel-Fells schwarz erscheinen lassen.

Viele der Touris, die fast ausschließlich aus Westeuropa kommen, haben entsprechende Trekking-Kleidung und -Ausrüstung angelegt. Pippi mit Jeans und meinem alten Schulrucksack. Ich mit Leggins und Jutebeutel. Ja, wir passen nicht ganz ins Bild der gut vorbereiteten Extrembergsteiger*innen. Trotzdem wissen wir einen guten Teil unserer Gruppe hinter uns und beißen uns weiter den Berg hinauf. Nur, wo sind die scheiß Bäume?

Als sie dann doch wieder auftauchen, dämmert es mir endlich, dass die Bäume nicht klein und krüppelig sind, sondern groß und stolz. Ein Mann, der uns entgegen kommt, grüßt uns freundlich und verrät, dass es nur noch eine Stunde bergauf sei. Ich denke, dass die Distanz bis zum Gipfel gemeint ist, stelle aber fest, dass sie bis zu den Bäumen ist. Ja, tatsächlich sind wir noch an den riesigen drei Nadelbäumen angekommen. Ich habe kaum mit dem Pausieren begonnen, motiviert Fernando uns zum weiterwandern. Ich stelle mich innerlich auf weitere Stunden harten Anstiegs ein.

Doch nach zehn Meter klettern wir umständlich durch das Gipfelkreuz und erreichen einen Platz, voll mit Ankömmlingen. Geschafft! Wir Finisher ruhen uns kurz aus, bevor wir Siegesposen vor der Kamera machen. Meine Peace-Fahne kommt dabei zum Einsatz und motiviert Weitere sich damit zu photographieren. Ein Mann möchte sogar ein Photo mit mir, weil ich diese Idee mit der Flagge habe und er Frieden wichtig findet.

Die letzte halbe Stunde ist ohne Berge und wir erreichen Cabanaconde und somit auch unser Frühstück. Bevor ich aber in die letzte Straße einbiege, muss ich meine Augen reiben. Ein Mann läuft mit meinem Rucksack von links nach rechts und bringt ihn auch zum Frühstück. Die großen Rucksäcke haben wir am Vortag abgeben können und uns wurde versprochen dass wir sie hier wiederbekommen. Dass sie allerdings von jemandem durch das Dorf getragen werden, war uns nicht klar. Schon irgendwie komisch, den eigenen Rucksack an einem vorbeiwandern zu sehen.

Das Frühstück reihte sich in die Reihe der mageren Portionen ein, aber zumindest gab‘s Kaffee und Coca-Tee.

Nächster Stopp

Von nun an müssen wir nicht mehr laufen, sondern werden gefahren. Der Bus bringt uns zu einem Verkaufsstopp, wo auch je zwei Alpakas und Lamas warten. Highlight für uns soll aber ein Bad in einer heißen Quelle sein. Trotz der hohen Luft-Temperaturen tummeln sich einige Touris in den extra angelegten Becken, die mit bis zu 38 Grad sehr heiß sind. Der nahe Fluss ist ziemlich steinig, dafür aber erfrischend kalt. Das Quellwasser, dass auch teils einfach so in den Fluss fließt ist tatsächlich kochend heiß.

Unzählige Versuche uns das Mittagessen zu verkaufen haben wir während der Tour widerstanden und verabschieden uns kurz vorher bei Fernando, der sich rührend um uns gekümmert hat. Wir fahren nicht zurück nach Arequipa. Unser nächster Stopp soll Puno sein. Wir wurden von dem Touren-Anbieter in einen Touri-Bus gesetzt, wo eigentlich niemand so richtig motiviert ist. Der Guide im Bus zeigt uns zwar verschiedene reizvolle Landschaften, die aber hinter den Bildern der letzten Tage zurück bleiben.

Zum ersten Mal sehe ich aus der Ferne einen aktiven Vulkan, weil wir auf die Rauchsäule am Horizont aufmerksam gemacht werden. Schon komisch, dass die graue Wolke auf der Spitze aus dem Berg kommt. Der letzte Halt ist an einer riesigen Laguna auf über 4.400m. Auch hier packt die Alpaka-Produkte-Händlerin schon ihre Sachen ein und wir nehmen die letzte Hürde über Juliaca nach Puno.

PS.: Karte von der Gegend:


Okt 24 2018

Kleinstadt zwischen den Bergen

Von Karl

 

Selten, dass eine Stadt so warm und nah an schneebedeckten Gipfeln ist. Stehen wir auf dem zentralen Platz – der gewöhnlich in Peru Plaza de Armas heißt – wird das friedliche Palmen-Kathedrale-Panorama von den drei Gipfeln umrahmt: Misti, Chachani und Picchu Picchu. Wobei Ersterer sehr nah an der Stadt steht. An der zweitgrößten Stadt Perus: Arequipa. Sie gilt als rebellischer Gegenpol zu Lima, wo ein Drittel der peruanischen Bevölkerung lebt. Der peruanische Staat ist zentralistisch aufgebaut und viel Geld verbleibt in Lima. Gegen das erhebt sich immer wieder Protest und nach Arequipa folgen dann oft weitere Städte insbesondere im Süden.

Arequipa ist auch im Schachbrett aufgebaut, auch wenn die Hausnummern einer Straße mit jeder Kreuzung um ein weiteren Hunderter erhöht werden. Sodass die erste Ziffer Einem verrät, wie viele Blocks das gesuchte Haus entfernt ist. Ein System was nicht nur in Arequipa eingesetzt wird.

Ein Geheimnis konnte ich lüften, dass mich schon länger irritiert hat. Die Müllabfuhr mit der fröhlichen Musik. Warum tönt aus den Lautsprechern des Müllautos sehr laute Kindermusik oder zumindest fröhliche oder folkloristische Musik? In Ecuador war es immer das selbe Lied, in Peru ändert sich das ständig. Kommt das Müllauto durch die Straßen, hören so die Anwohner*innen dies und bringen noch schnell den Müll an die Straße. Da die Musik bis vor einigen Jahren die Menschen in Peru genervt hat, wurde sie durch schönere und verschiedenere ersetzt. Bei guter-Laune-Musik Müll abholen. Klingt nach einen angenehmeren Job. Zudem gibt es in wenigen Straßen Metallstäbe am Straßenrand, mit einem Metallkorb auf Augenhöhe, in dem der Müll abgestellt wird, bis er abgeholt wird. Das verhindert, dass die Straßenhunde den Müll zerreißen.

Ansonsten macht Arequipa einen friedlichen und kleinstädtischen Eindruck. Dass eine Million Menschen in dem Ballungsraum wohnen, merkten wir ihr kaum an.

Wir haben nur eine Übernachtung in Arequipa gebucht. Am nächsten Tag geht es in aller Frühe los. 2:40 Uhr klingelt der Wecker.

Hervorheben möchte ich noch Pippis geilen Salat. Dafür hat sie hat den lokalen Bergkäse geschnitten und in der Pfanne gebraten, was eine sehr geile Idee ist, die ich anderen nur empfehlen kann. Es ähnelt dann Halloumi. Den Käse und alle anderen Zutaten gibt es auf dem Mercado San Camillo. Dort kann günstig, lokal und gut alles mögliche erworben werden und sogar Snacks und Mahlzeiten gegessen werden. Wir haben Kartoffel-Spaghetti-Auflauf bekommen. Wie lecker der war! Auch gibt es schon die bolivianische Spezialität der Salteñas. Sie ähneln den Empanadas und sind meist mit Fleisch und Gemüse gefüllt. In Arequipa konnten wir vegetarische ergattern.

Glücklich nach so viel leckerem, ging es früh in die Koje.

Salteña auf dem Mercado San Camillo

PS.: und da ist übrigens Arequipa:


Okt 18 2018

Pippis Ankunft in Lima

von Karl

 

Die Wüste scheint unendlich zu sein. Ich sitze zum hundertsten Mal auf meiner Reise in einem Reisebus. Diesmal ein besonders klappriger. Über Nacht ging es von Sullana nach Lima. Sullana ist ein naher Ort bei Piura, wo die Busse günstiger sein sollen. Ob das stimmt kann ich nicht sagen. Mein Bus hat nach Sullana noch Halt in Piura gemacht …

Die Wüste ist links und rechts. Rechts, also westlich, kommt auch immer mal der Pazifik zu Gesicht. Der Strand setzt sich unendlich nach links in teils riesige Dünen fort. Perus Küste ist meist trocken. So langsam nähern wir uns der 10-Millionen-Metropole Lima. Links und rechts stehen erste Lehm- und Ziegelhäuser mit Wellblech-Dächern. Das Gewusel nimmt zu, obschon wir noch ewig vom Zentrum entfernt sind. Ein erstes Mal hält der Bus, aber angesichts der Dimensionen in Lima, wird er noch mehrmals halten. Lima selbst überzeugt durch dauerhaft bewölktes Wetter.

Der altersschwache Bus klappert sich durch den Stau und irgendwann finde ich – nur durch die Hilfe anderer Mitreisenden – meinen Ausstieg. Der angepeilte Haupt-Busbahnhof von Lima, genannt „Gran Terminal Plaza Norte“, hat noch einige abgelegene Bushöfe in den Seitenstraßen. Dort ist mein Billig-Bus angekommen und nicht wie erwartet im eigentlichen Busbahnhof.

Angesichts der Größe beschließe ich direkt ein Taxi zu nehmen und finde mit dem Fahrer über Umwege die gesuchte Unterkunft die mir aber nicht aufmacht. Über das benachbarte Auto-Ersatzteil-Geschäft bekomme ich dann den Vermieter ans Telephon. Es seien keine Betten frei. Reservierung hin oder her, es täte ihm leid.

Was soll‘s 10 Meter weiter im Hostel bekomme ich sogar ein besseres Angebot. Als ich erfahre, dass es nur 15 Minuten zu Fuß zum Gran Terminal sind, denke ich, warum ich so viel für das Taxi ausgegeben habe.

Die Umgebung ist weit entfernt vom touristischen oder luxuriösen Zentrum. Ich erkunde etwas die grau-gelbe Umgebung. Ich komme beim Mittag mit einer ehemaligen Fernseh-Mitarbeiterin ins Gespräch. Sie will aber lieber umschulen und weniger Journalismus und mehr Marketing machen.

Spät abends, gegen 11 nehme ich eins von den Minibussen die zwischen Gran Terminal und Flughafen fahren. Das Gaspedal immer durchgedrückt, der Ausrufer und Kassierer immer ungeduldig, die Knie immer schmerzhaft eingeklemmt, die Musik schrecklich laut. So düse ich durch die kühle Nacht.

Am Flughafen warte ich dann. Nicht dass ich schon länger ungeduldig auf diesen Tag hinfieberte, aber nun bekomme ich das erste Mal Besuch auf meiner Reise. Pippi hat beschlossen ihren Jahresurlaub zu nehmen, um mit mir 5 Wochen bis nach Santiago de Chile zu reisen. Dem gebührt Respekt! Wir haben uns sehr lange nicht gesehen und umso erfreutet sind wir uns wiederzusehen.

Wir haben nicht viel Zeit für Lima eingeplant, zumal ich die Stadt schon kenne. Wir sehen uns den Hauptplatz an und genießen verschiedene Leckerein. Wir probieren auch eine Art Zabaglione. Wir vermuten dass Ei und Zucker schaumig geschlagen wurden um sie dann z.B. mit peruanischen Schwarzbier in einem Becher an der Straße zu verkaufen. Schmeckt ganz okay.

Ganz in der Nähe vom Plaza Mayor (Hauptplatz) gibt‘s übrigens ein voll leckeres und ausschließlich veganes Selbstbedienungsrestaurant. Ein Geheimtipp für andere Reisende!

Am nächsten Tag haben wir dann nur noch unsere Rucksäcke geschnürrt um zur zweitgrößten Stadt Perus aufzubrechen und auch für mich in neue Welten. Wieder versagt der Gran-Terminal-Busbahnhof und wir müssen in die Stadt fahren, was angesichts der extremen Anzahl an Fahrgästen eine Herausforderung sonders gleichen ist. Gegenüber vom Stadion gibt es eine große Anzahl von Busfirmen und wir sind positiv angetan von Cromotex, eine der hunderten Busfirmen. Auch ein Tipp für andere Reisende (-;


Okt 16 2018

Vom Schnee verweht

von Rosa

Autsch! Das tat weh. Gerade schaue ich noch in die Augen eines süßen Hundes, der mich an einen Teddybären erinnert. Schon erinnert er mich daran, dass Hunde eben nicht nur niedlich sind. Mit einem Satz ist mir der flauschige Bär von Hund an mein Bein gesprungen und hat einmal in den Oberschenkel gebissen. So schnell er da war, ist er auch wieder weg. Der Hund hat tatsächlich ein Stück meiner Hose rausgerissen. Der Biss war zum Glück nicht tief. Die Hunde in Südamerika sind mir irgendwie nicht so zu getan oder eben doch. Wie man es sieht. Bekanntschaften schließe ich jedenfalls leicht mit Ihnen und eine Einladung brauchen sie dafür auch nicht. In solchen Momenten bin ich immer froh über meine Tollwut-Impfung.

Wenn man so möchte ist heute nicht mein Tag. Am Busbahnhof von Baños läuft noch alles glatt. Ich erwische innerhalb von fünf Minuten einen Bus nach Machachi. Von dort aus möchte ich den Cotopaxi zumindest bis zum Base Camp besteigen. Ich sage dem Busfahrer noch, dass er mir bitte Bescheid geben soll, wenn wir in Machachi sind. Als ich nach einem kurzen Nickerchen aufwache, denke ich die Stadt kennst du doch. Sie ist ungewöhnlich groß und zu dicht besiedelt für alle Städte auf dem Weg. Mich beschleicht ein ungutes Gefühl. Als ich die ersten Metrostationen sehe, bestätigt sich dieses. Wir sind in Quito. Ich frage beim Busfahrer nach, warum er mir nicht Bescheid gesagt hat. Er zuckt nur mit den Schultern und meint schlafen wäre gesund. Etwas angesäuert verlasse ich den Bus und suche im Terminal Quitumbe nach einem Bus, der zurück nach Machachi fährt. Der ist gar nicht so einfach zu finden, weil er nicht bei den anderen Bussen abfährt. Dann sitze ich aber doch in einem überfüllten grünen Bus nach Machachi. Neben mir eine Mutter mit drei Kindern. Das Kind auf dem Rücken versucht mich die ganze Zeit mit seiner Mandarine zu hauen. Den Vater scheint das alles nicht zu stören. Er schaut lieber ein Fußballspiel auf seinem Smartphone. Er bewegt sich auch nicht als seine Frau versucht alle drei Kinder gleichzeitig zu beruhigen. Diesmal bleibe ich wach und steige tatsächlich in Machachi aus. Im Starkregen laufe ich zur Unterkunft. Kurz vor dem Eingang dann das Kurz-Intermezzo mit dem Teddybär-Hund.

David, der Besitzer, begrüßt mich und erklärt mir gleich welche Optionen ich habe um zum Cotopaxi zu kommen. Da ich nur bis zum Base-Camp möchte, stelle ich es mir nicht so schwierig vor. Doch das ist es wohl. Machachi befindet sich noch einmal 40 Minuten vom Eingang des Nationalparks entfernt. Hmm. Er bietet zwei anderen Reisenden und mir eine Tour für jeweils 25 Euro an. Der Parkeintritt ist immerhin schon inklusive. 7:30 Uhr geht’s los. David empfiehlt Doro, Johanna und mir zum Abendbrot ein Steakhouse. Es wäre die beste Option für Vegetarier. Da freuen wir uns drei Vegetarier doch und sind schon gespannt auf die Karte. Es gibt Pommes. Salat, Gemüsepfanne und Suppe stehen zwar auf der Karte, aber heute nicht verfügbar. Nun gut. Wenigstens wurden unsere niedrigen Erwartungen erfüllt.

Für die Wanderung dürfen wir uns am Eingang des Nationalparks noch Handschuhe kaufen und dann rollt der Kleinbus auch schon an mehreren schneebedeckten Gipfeln immer weiter Richtung Cotopaxi. Serpentine für Serpentine. Der Untergrund ist Vulkangestein. Trotzdem gut zu befahren. Eigentlich. Wir stecken fest. Die Räder vergraben sich immer tiefer im Sand bis gar nichts mehr geht. Einige andere Autos halten an. Gemeinsam versuchen wir den Kleinbus nach oben zu schieben. Keine Chance. Letzte Hilfe ein Abschleppseil. Mittlerweile hat sich eine richtige Menschentraube versammelt und feuert fleißig an. Der Kleinbus bewegt sich ein Stück, ein weiteres Stück und ist befreit. Es kann weiter gehen. Bis zum Ende der Straße kommen wir nun problemlos. Von hier ist es eine weitere Stunde bergauf zu Fuß. Klingt machbar. Ist es auch, aber die Luft auf 4600 Metern ist doch etwas dünn und so werden die Schritte kleiner und die Pausen größer. Die Aussicht nebelverhangen. Ich rutsche im Gemisch aus schwarzer Vulkanasche und Schnee. Es geht ein kalter Wind. Dann endlich sehen wir das Refugio.

Von hier aus machen sich die Bergsteiger auf, die bis zum Gipfel auf 5800 Metern klettern. Dafür allerdings braucht man gute Kondition, Ausrüstung und Erfahrung. 50 Prozent schaffen es nicht. Unser Guide war bis 2002 mehr als 200 mal auf dem Gipfel. Dann hat er aufgehört zu zählen. Sein Leben sind die Berge. Wir laufen noch einmal weiter bis zu den Gletschern. Das Wetter wird ungemütlicher. Der Untergrund nun Eis und Schnee. Die Höhe erreicht meinen Kopf und mir ist ein wenig schwindelig. Vor ein paar Jahren war der Gletscher noch mehrere 100 Meter weiter unten.

Für einen Moment reißt der Himmel auf und die Sonne zeigt, wie schön das im Verborgenen ist. Weit oben erleuchten, von der Sonne in Szene gesetzt, die schönsten und skurrilsten Eisskulpturen. Es bleibt nur Zeit für ein Foto in unserer Erinnerung. Gut abgespeichert. Dann fällt der graue Vorhang wieder und wir rutschen langsam ins Tal. Aus den Schneeflocken werden schwere Regentropfen. Wir halten noch bei einer Lagune die sich in wunderbarer Kulisse vor einem Berg mit weißen Spitzen präsentiert.

In unserer Unterkunft wärmen wir uns mit heißer Schokolade dann geht es zurück nach Quito. Der Bus bis in die Hauptstadt ist schwer zu finden. Jeden, den wir fragen hat einen anderen guten Rat. Am Ende hält mit quietschenden Rädern ein klappriger Bus und wirft uns am Terminal Quitumbre aus.

Der Weg zum Cotopaxi war anstrengend. Seit ich ihn zum ersten Mal in Quito von Weitem bestaunen konnte, ein Ziel auf der Reiseliste und der Wunsch ihn von Nahem zu sehen. Wie es mit Erwartungen so ist, werden sie auch manchmal nicht erfüllt. Den glitzernden Schnee des Gipfels im Sonnenlicht habe ich nicht gesehen. Dafür einen rauen Riesen, der es seinen Bezwingern gerne schwer macht und sie auch mal im Nebel stehen lässt. Das Postkartenmotiv kann man eben nicht erleben.


Okt 14 2018

Typisch Peru: Bier und Kartoffeln

Von Karl

 

Das erste Mal sehe ich alte Bekannte wieder: Kev und Alexandra. Schon vor Wochen haben wir bei Ihnen eine Unterkunft bekommen und an diese Gastfreundschaft entsinnend habe ich ein weiteres Mal angefragt und ohne zu zögern eine Einladung erhalten. Kev ist großer Freund von Bier und so setzen wir uns schon nach wenigen Stunden mit zwei seiner Freunde zusammen und unterhalten uns über das Reisen. Ich durfte seit langem mal wieder meine Kartentricks aufführen. (Ich muss definitiv mal wieder üben)

Papa rellena und dessen Zutaten

Den nächsten Morgen mache ich den Erfolgsschlager Eierkuchen, was sie dazu animiert mich nun immer einzuladen, wenn sie Essen zubereiten und so lerne ich neues peruanisches aus der Küche Kennen. Mit Alexandra koche ich „Papas rellenas“ („gefüllte Kartoffeln“). Dabei wird eine Arte Kartoffel-Yuca-Brei hergestellt und eine Füllung aus Tomaten, Zwiebeln, (gekochtem Fleisch,) und gekochtem Ei. In den Kartoffelbrei wird die Füllung gepackt und mit mehligen Händen lassen sich Kugeln formen. Diese werden dann gebraten bzw. frittiert. Mit Mayonnaise oder der hier verbreiteten scharfen Ají-Soße schmeckt das genial. Füllen kann mensch die Papas rellenas natürlich auch mit vielen anderen Sachen.

Maiz morada

Getränke scheinen auch aufwändig zu sein. So wird über Stunden „Maiz morada“ („Lila-Mais“) gekocht. Das ist die schwarze oder dunkel-lila-farbige Variante des grobkörnigen Mais‘. Den habe ich bislang nur in Peru gesehen. Ananas-Schalen kommen auch noch in den Topf. Das Wasser färbt sich dann schwarz bis dunkel-lila. Zusammen mit Zucker und Eiswürfeln wird das gefärbte Wasser serviert und schmeckt vorzüglich. Offizieller Name: Chicha morada.

Ansonsten habe ich die Zeit in Piura genutzt um ausgiebig alles zu Waschen und zu reparieren. Tatsächlich ist mehr kaputt als ich erwartet habe. Bis hin zum Rucksack. Ich hoffe er bleibt noch eine Weile stabil. Die Nähnadel war so sehr beansprucht worden, dass sie in der letzte Nacht sogar zerbrochen ist. Zum Glück hatte der Kiosk um die Ecke eine neue für mich. Ansonsten packe ich bei Alexandras Umzug mit an und Abends sind wir dann zu viert Pizza essen gewesen.

Kev und Alexandra sind für mich auch zwei Beispiele, die dem Klischee der überschwänglichen Latinas/os widersprechen. Der Abschied war kurz und knapp, trotzdem weiß ich, dass wir uns alle gefreut haben, uns wiederzusehen. und dass sie eingeladen sind, mich auch mal zu besuchen.


Okt 12 2018

Der perfekte Tag

von Rosa

Kinder, wie die Zeit vergeht. Klingt abgedroschen und ist doch immer wieder wahr. Als ich an diesem Abend auf mein Handy schaue, leuchtet da in weißen Lettern der 12. September. Vor genau fünf Monaten bin ich los gereist. Fünf Monate Südamerika. Die Hälfte meiner Reisezeit ist um. Bergfest. Obwohl Bergfest feiert man ja eigentlich nur, wenn man daraufhin fiebert, dass etwas endet. Ich freue mich nicht auf das Ende. Genieße ich doch gerade viel zu sehr diese Reise. Natürlich gab es Situationen, da wusste ich nicht, ob ich so lange hier bleibe. Da gibt es Menschen und auch ein paar Sachen, die ich vermisse. Ich vermisse sie aber auch ein Stück weit gern, weil ich gemerkt habe ihren Wert noch mehr zu schätzen. Meine Reise hat mir nicht nur die Augen für Neues geöffnet, sondern auch meinen Blick geschärft für all das was schon lange in meinem Leben war. Das Licht fällt anders auf ein Bild, wenn man die Perspektive ändert.

Wir müssen einiges aufholen. Erst war Ronny krank, dann ich. Die Zeit bis zu seinem Abflug läuft davon und zumindest Ronny kann nicht ohne ein wenig Adrenalin zurück nach Deutschland. Wo könnten wir uns das besser einimpfen als in der Action-Hauptstadt Ecuadors: Baños. Also sagen wir Hello again zu unserer Abenteuerstadt. Baños 2.0. Noch am Abend unserer Ankunft begeben wir uns auf die Suche nach Anbietern für den Adrenalinrausch. Wir werden fündig: Brücken springen und Paragliding.

Der Wecker klingelt nicht. Ich drehe mich einmal, zweimal um. Es ist halb elf und wir sitzen am Tisch unseres Lieblingsladens: Ricoo Pan. Das heißt so viel wie sehr leckeres Brot und das ist es auch. Normalerweise bin ich vom Brot in Ecuador oder Kolumbien nicht so angetan. Meistens ist es süß oder süß und salzig. Nicht meine Kombination. Aber in diesem Brotladen gibt es Schwarzbrot, richtiges Schwarzbrot und Käse. Jeder Reisende kennt das Gefühl irgendwann an dem Punkt zu sein Heißhunger auf irgendetwas Bekanntes zu haben. Nicht selten ist es schnödes Schwarzbrot. Das Frühstück zieht sich über zwei Stunden hin, denn es gibt noch Eier, Pancakes, Obstsalat und frischen Saft. Lecker!

Gut gestärkt laufen wir zur Brücke. Dort warten schon zwei Männer mit Gurten. Der Sprung soll nur 30 Meter in die Tiefe gehen. Bis zur Schlucht in die wir gleich springen werden sind es fast 100 Meter. Es ist ratsam dabei nicht so oft nach unten zu schauen. Ronny besteht darauf, dass einer der beiden Männer zuerst springt, um sicher zu gehen, dass die Seile halten. Das ist natürlich kein Problem. Wir müssen wie ins Wasser am besten mit dem Kopf nach vorne springen. Ronny möchte trotzdem, dass ich als zweite springe, damit er noch sicherer sein kann, dass der Strick nicht reißt. Mir wird ein Gurt um meine Hüfte und Beine gelegt. Ich laufe langsam zur Kante. Schaue nur geradeaus. Ronny filmt mich mit seinem Handy und fragt nach letzten Worten. Hinter mir zählt jemand von drei runter.

Drei, Zwei, Eins. Ich springe. Einfach so. Doch was danach kommt ist schlimm. Ich habe das Gefühl: Jetzt ist es vorbei. Ich falle ins Nichts. So ein Gefühl hatte ich vorher noch nie. Doch ehe ich darüber Nachdenken kann, ob ich ein guter Mensch gewesen bin und wo ich jetzt wohl landen werde, stoppt das Seil mit einem Ruck und ich spüre einen Schmerz in meinen Oberschenkeln. Glück gehabt. Mir bleibt noch etwas Zeit für die letzte Frage. Ich schwinge am Seil noch ein paar mal hin und her und habe jetzt auch endlich Augen für die unglaubliche Landschaft in die ich gerade so kopflos gesprungen bin. Unter mir fließt das Wasser, links und rechts neben mir Felsen und am Horizont grüne Berge. Das Seil und ich pendeln über einem Felsvorsprung. Irgendwann lande ich sicher. Es bleibt ein gutes Gefühl und der Wunsch das Irgendwann zu wiederholen. Ronny springt nach ein paar Aufmunterungsversuchen auch. Als er wieder oben ankommt, will er am liebsten gleich nochmal springen, doch die Zeit ist knapp.

Wir kaufen noch schnell ein paar Souvenirs bevor es zum Paragliding geht. Im Kleinbus treffen wir Andrew aus Californien und Fernando seinen Schwager aus Ecuador. Eigentlich leben beide an der Küste und sind hier gerade im Urlaub. Der Bus fährt eine Stunde bis zu einem Berghang. Auf der Wiese stehen zwei Kühe, die sich von uns nicht beeindrucken lassen. Der Guide gibt uns eine kurze Einweisung. Beim Starten drei Schritte nach vorne rennen, wieder zurück und die Arme kreuzen. Ganz wichtig auch noch weiterrennen, wenn man eigentlich schon in der Luft ist. Das sieht zwar bescheuert aus, aber mit einem Paraglideschirm kommt man manchmal auch wieder schneller auf die Erde als einem lieb ist. Ronny darf als erster fliegen. Es funktioniert problemlos. Schon nach wenigen Sekunden schwebt er hoch in der Luft. Wir beobachten die bunten Schirme in der untergehenden Sonne.

Nach Andrew und Fernando bin nun endlich auch ich dran. Der Schirm bläst sich auf. Ich nehme Anlauf und schon bin ich in der Luft. Drücke meinen Sitz nach hinten und liege bequem in meinem Sitz. Der Kapitän hinter mir sagt: Willkommen in meinem Büro. Schöner Ausblick antworte ich lachend. Ich hänge in den Seilen hundert Meter über dem Boden und habe mich selten so sicher gefühlt. Der Schirm wackelt kaum in der Luft, nur wenn der Kapitän Wendungen unternimmt. Unter mir die kleinen Häuser sehe ich kaum noch wie sich die Autos bewegen. Viele Felder und riesige Berge. Hinter den Wolken versteckt sich der Tungurahua, ein immer noch aktiver Vulkan, der zum letzten Mal 2006 ausgebrochen ist. Das Besondere an diesem Flug ist, dass wir wieder zum Startpunkt zurückfliegen werden. Wir drehen noch ein paar Runden. Wirklich weit von unserem Startpunkt entfernen wir uns nie. Die Winde sind heute nicht ganz einfach sagt der Kapitän. Dafür klappt das alles aber gut, denke ich. Der Schirm senkt sich. Ich lasse nochmal den Blick über die Kulisse schweifen. Dann setzen wir zur Landung an. Über den Köpfen der Kühe. Ich laufe in der Luft bis meine Fußspitzen leicht den Boden berühren. Der Wind zieht den Schirm wieder nach oben und der Guide muss uns helfen anzuhalten. Dann stoppen wir und der Schirm fällt zu Boden. Auf der Wiese sind noch andere Flugschüler, die gerade lernen zu landen. Sie haben zwei Optionen. Entweder sie landen auf dem Arsch oder auf den Füßen. Letzteres birgt aber die Gefahr, dass der Wind sie wieder fortträgt und sie eine weitere Runde drehen müssen. Per Walki-Talki gibt der Kapitän Anweisungen an seine Schüler. Er kann die Winde auf seinem Smartphone beobachten. Als alles wieder Boden unter den Füßen haben geht es zurück.

Andrew und Fernando besorgen uns noch ein Taxi, denn wir wollen den Abend in den heißen Quellen über der Stadt ausklingen lassen. Eigentlich gehören die Quellen zu einer Hotelanlage und so müssen wir den Bademeister erst mal überzeugen, dass wir rein dürfen. Doch dann ist es kein Problem und wir stehen in weißen Bademänteln vor den kleinen Pools. Die meisten sind angenehm warm und beleuchtet. Wir steigen in den Whirlpool und bekommen ein Cocktail direkt an den Pool gebracht. Ungewohnter Luxus. Vom Beckenrand können wir auf die Lichter von Baños schauen. Der Anblick ist magisch. Es ist fast niemand mehr da und so nutzen wir die Gelegenheit und springen trotz Verbotes in die Pools. Wir werden ein bisschen schief angeschaut, aber das ist uns der Spaß wert.

Tatjana aus der Schweiz und ihr Freund Rico nehmen uns in ihrem Mietwagen zurück mit in die Stadt. In einer Bar erzählen sie uns, wie sie sich kennengelernt haben. Er war ihr Dozent und sie hat die Brandschutzverordnung nicht verstanden. Was für ein tolles Thema um sich zu verlieben. Aber scheinbar hat die Nachhilfe etwas gebracht. Tatjana arbeitet jetzt in Costa Rica bei einem Holzbauunternehmen. Wir tanzen noch ein bisschen Salsa und dann bewegt sich der große Zeiger langsam Richtung Zwölf. Wir schlendern nach Hause und fallen müde ins Bett. Mein Puls muss sich vom Tag etwas erholen und so denke ich noch ein bisschen darüber nach was wohl in den nächsten fünf Monaten vor mir liegt. Langweilig wird es wohl nicht. Bald geht es in den Süden. Ich bin gespannt mein Südamerika.

Am nächsten Tag beim Schwarzbrotfrühstück herrscht zwar keine Katerstimmung, dafür Abschiedsstimmung. Für Ronny geht es zurück nach Deutschland. Er fliegt am Abend von Quito. Auch wenn der Start mit der Krankheit alles andere als optimal verlief, war die kurze Zeit umso schöner. Eine kurze Umarmung, dann rollt der Bus los. Ich bleibe hier, denn es gibt noch viel zu erleben.  Da bin ich sicher.


Okt 10 2018

Surfbrett statt Steigeisen

von Karl

 

Wer sich noch daran erinnert: In Machachi ist das Cotopaxi-Projekt kurz vor knapp gescheitert und nun folgt ein anderes: Surfbrett statt Steigeisen. Gerade eben habe ich völlig überraschend eine günstige Bleibe direkt am Strand gefunden. Mein Rucksack habe ich im Zimmer abgelegt und nun nehme ich die letzten Stufen runter an den verlassenen breiten Strand. Rechts kommt irgendwann eine Seebrücke und Fischerboote. Auf dem Meer stehen zig Erdölplattformen. Der Strandhang ist besiedelt mit flachen Häusern und einige davon für den wenigen Tourismus der nach Lobitos kommt. Links endet der Strand in Sandsteingebäuden. Etwas versteckt stehen Erdölspeicher und -pumpen, die sich beharrlich immer gleich bewegen. Auch hier setzt sich das trockene Geld vom Strand ins Hinterland fort. Es ist windig und trocken.

Die Wellen rollen nur leicht und nur links brechen sie schön. Eine kleine Bude am Strand verspricht Surfbretter und ich wage mich langsam heran. Zwei andere gehen gerade als ich komme. Im Häuschen scheint niemand zu sein, aber dann springt doch ein Mann aus der Hängematte und grinst mich an. Er gibt mir – als Anfänger – ein altes Brett und einen alten Neopren-Anzug. „So lange du Spaß hast“ ist seine letzte Antwort, als ich frage, wie lange ich im Wasser bleiben kann. Jackpot, denke ich.

Mit mir sind einige aus dem Hostel mit ihren Brettern ins Meer gekommen, sodass die wenigen funktionierenden Stellen durch die Profis belegt sind. Ich paddel mich um die Gruppe und setze mich im untiefen Wasser und finde langsam aber sicher die Wellen, die ich so lange vermisst habe. Die die sich so langsam und friedlich aufbauen. Vor denen ich mit aller Kraft fliehe. Die mich vom Heck her anheben und zum schnellen Gleiten bringen. Mit dem Beginn des Gleitens, beginnt die Welle auch zu brechen und ich kann immer weiter und weiter rutschen.

Immer wieder komme ich in das traumhafte Gefühl, während immer weniger Menschen im Wasser mit mir um die wenigen schönen Wellen konkurrieren. Die Sonne geht langsam gen Horizont. Dann ist es soweit. Ich stehe, selbst etwas überrascht, etwas länger auf dem Brett. Stabil surfe ich vielleicht fünf bis zehn Meter. Ein erstes Mal. Die Kraft die vom vielen Paddeln geschunden ist, ist wieder da, als wenn noch keine Stunde vergangen wäre. Die steife Brise, die mir die Gischt ins Gesicht schlägt, macht mir gar nix, denn ich will wieder hinter die Schaumkronen um den nächsten Ritt zu wagen.

Erst als mit den Abendstunden die Wellen ruhiger und die Sonne oranger wird, denke ich an den Kerl, der auch irgendwann Feierabend machen möchte. Er interessiert sich nicht für mich und ich lege ihm seine Sachen zum Trocken vor seine Hütte. Wo schon alle anderen liegen. Vom Sandsteinfels aus sehe ich einen weiteren wunderschönen Sonnenuntergang.

Hierhergekommen bin ich von Talara. Einer Kleinstadt an der Küste, die allerdings größer zu sein scheint, als viele der Kleinstädte hier. Dort liegen viele alte Fischerboote trocken und die Erdölindustrie scheint das Geschäft übernommen zu haben. Kleinbusse pendeln zwischen Talara und Lobitos. Die weißen oder silbernen Neunsitzer fahren nur zwei Blocks von EPPO entfernt ab. EPPO bedient alle Orte zwischen Mancora und Piura mit sehr kurz getackteten Bussen. Ich hab nie länger als 10 Minuten gewartet.

Von Mancora kommend habe ich noch einen Zwischenstopp in Los Órganos gemacht, aber die Stadt schien mir zerfallen. Sie hat es gewollt, aber nicht geschafft. Keine Menschen auf der Straße. Nix was mich da behalten hätte. Nach einer Stunde bin ich weiter gefahren.

Lobitos hat keine Infrastruktur und der günstige Hostelpreis wird versucht über ein teures Restaurant wieder reinzuholen. Ich fahr lieber zurück nach Talara und weiter nach Piura.


Okt 3 2018

Die blaue Lagune

von Rosa

Ecuador ist für mich wie bisher kein Zweites ein Land der Gegensätze. Besonders was die Natur betrifft. Gerade noch lag ich am Strand unter Palmen und nun befinde ich mich auf 4000 Metern Höhe. Der Wind pfeift mir um die Ohren, es ist kalt und mit jedem Schritt fällt das Atmen schwerer.

Mit einem Pickup-Truck werden wir vom Ort Zumbahua nach Quilotoa gebracht. Drei Stunden südlich von Quito ist die Infrastruktur etwas schwächer ausgeprägt. Die erste Herberge im Ort soll auch schon eine der besten sein. Für neun Euro pro Person dürfen wir in großen Betten in einem Zimmer mit Ofen übernachten. Zum ersten Mal sehe ich in Südamerika so etwas wie eine Heizung und ich bin positiv überrascht. In der Herberge arbeiten zwei junge Frauen mit schwarzen Zöpfen, Rock und Hut. Es ist die traditionelle Kleidung, die man hier bei jung und alt finden kann.

Nach einer kurzen Aklimatisierungspause wollen wir zur Lagune Quilotoa. Es sind nur ein paar 100 Meter, dann eröffnet sich das blaue Meer auch schon vor unseren Augen. Umschlossen von einer Bergkette liegt der See ruhig in einem ehemaligen Vulkankrater.

Das Wasser wechselt die Farbe je nach Tageszeit. Im Moment ist es fast grün. Bis zum See selbst geht es eine Stunde nach unten. Der Untergrund ist rutschig, er besteht nur aus Sand. Ich freue mich schon jetzt auf den Aufstieg. Der Quilotoa-Loop ist eine berühmte Wanderroute die über drei Tage bis zur Lagune führt. Uns reicht allerdings schon die Wanderung zur Lagune. Unten angekommen, kann man sich ein Kanu ausleihen und über den See paddeln. Doch wir sind für diese Aktivität zu spät. Also gönnen wir uns einen Schokoriegel und genießen die stillen Wellen des Wassers. Der Weg zurück ist wie erwartet anstrengend. Immer wieder rutschen meine Füße zurück und ich muss Pausen machen, um zu atmen. Ein Mädchen kommt mit ihren Eseln vorbeigeritten und fragt uns ob wir aufsteigen wollen. Wir versuchen zu verhandeln. Doch nichts zu machen. Die taffe Zehnjährige beharrt auf ihren neun Euro. Auch wenn wir schon die Hälfte der Strecke geschafft haben. Besonders Ronny ist immer wieder überrascht, dass die Menschen hier so wenig zum Handeln bereit sind. Ich habe mich schon daran gewöhnt. Mehr verwundert bin ich darüber, dass eine Zehnjährige hier arbeitet. Auch in den Geschäften und Hostels in Quilotoa arbeiten 15-Jährige. Unsere Füße tragen uns dann doch besser als unser Kopf vermutet und so sitzen wir schneller beim Abendbrot als erwartet.

Zu späterer Stunde sitzt die ganze Familie der Hotelbesitzer um den Ofen und versucht sich ein Stück weit zu wärmen. Doch auch hier hat die technische Revolution Einzug gehalten und alle starren auf ihre Smartphones. Selbst die Alten schauen gebannt auf die Bildschirme ihrer Enkel. Die kalte Dusche am Abend ist bei fünf Grad Außentemperatur eine besondere Herausforderung. Zum Glück wärmt das Federbett schnell. Schlafen können wir trotzdem nicht. Erst in den frühen Morgenstunde finde ich in den Schlaf. Ich habe schon öfters gehört, dass einige bei dieser Höhe Probleme haben einzuschlafen. Die anderen Reisenden versichern uns am Frühstückstisch, dass sie wie Steine geschlafen haben. Etwas müde wollen wir uns noch einmal die Lagune anschauen, um zu sehen, ob sich die Farbe verändert hat. Obwohl wir nun viel früher als gestern dort sind, werden wir enttäuscht. Der Anblick lohnt dennoch ein zweites Mal. Auf dem Rückweg zum Hotel ziehen uns die flauschigen Alpaka-Pullover an und wir verfallen in einen regelrechten Schoppingrausch. Es gibt verschiedene Muster, allen gemeinsam: Sie sind unglaublich warm und sehr sehr flauschig. Bei der Kälte hier behalten wir unsere Errungenschaften gleich an.

Aufgrund der Kälte und den Schlafproblemen verwerfen wir erst mal den Plan direkt zum Cotopaxi zu reisen und entscheiden uns spontan noch einmal nach Baños zu fahren und uns in den heißen Quellen aufzuwärmen.